Eine BI ist, sofern sie die verfahrensrechtlichen Anforderungen des nationalen Gesetzgebers erfüllt, als Teil der betroffenen Öffentlichkeit iS des Art 1 Abs 2 lit e UVP-RL anzusehen. Nach der Rsp des EuGH (C-664/15) kommt ihr daher in Verfahren gem Art 9 Abs 2 iVm Art 6 Aarhus-Konvention ein Recht auf Beteiligung als Partei zu, unabhängig davon, ob ein solches Verfahren innerstaatlich als „ordentliches“ Genehmigungsverfahren oder als vereinfachtes Verfahren ausgestaltet ist. Der in § 19 UVP-G vorgesehene Ausschluss der Parteistellung von BI in vereinfachten Verfahren hat unangewendet zu bleiben (VwGH 27. 9. 2018, Ro 2015/06/0008). Daran ändert auch nichts, dass im Zeitpunkt der E des BVwG eine rechtskräftige E des BVwG hinsichtlich des Fehlens der Parteistellung der revisionswerbenden BI vorhanden war. Einerseits wirkt nach der st Rsp des VwGH zu § 42 Abs 3 VwGG die Aufhebung eines Bescheides bzw nunmehr eines Erk oder B eines VwG ex tunc auf den Zeitpunkt der Erlassung des aufgehobenen Aktes zurück (vgl etwa VwGH 30. 6. 1994, 91/06/0174) und es besteht daher schon deshalb keine bei der Entscheidung im vorliegenden Fall zu beachtende Bindungswirkung, andererseits wäre auch die rechtskräftige Entscheidung hinsichtlich des Fehlens der Parteistellung nach unionsrechtlichen Grundsätzen als verdrängt anzusehen.
Keine Festlegung von Flugrouten im UVP-Verfahren, aber Beschreibung von Gebieten, die durch Flugbetrieb nicht oder nur geringfügig zusätzlich belastet werden dürfen; Prüfung von Auswirkungen des Vorhabens "dritte Piste" auf das Klima, Bestehen eines Finanzierungsplans keine "Umweltschutzvorschrift"
VwGH 6. 3. 2019, Ro 2018/03/0031
Die Festlegung der Flugrouten durch die Austro Control GmbH erfolgt nicht im UVP-Verfahren. Die Flugrouten, über welche die neu zu errichtende Start- und Landebahn künftig genutzt werden soll, gehören zu den prognostischen Annahmen, die im UVP-Verfahren insb für die Prüfung der Belastung durch Schadstoffe und durch Lärm zugrunde zu legen sind.
Dass die Festlegung der Flugrouten erst zu einem späteren Zeitpunkt durch die Austro Control GmbH erfolgen wird, bringt naturgemäß Unsicherheiten für die Prognose mit sich. Die Flugroutenprognose im UVP-Verfahren betreffend die Errichtung einer weiteren Start- und Landebahn muss die Modalitäten des zukünftigen Flugbetriebs, der über diese Piste abgewickelt werden soll, bestmöglich abbilden und darf sich nicht auf einzelne repräsentative Flugrouten beschränken, sondern hat grundsätzlich alle Flugrouten zu umfassen, die - tatsächlich und rechtlich - für den An- und Abflug zu und von der in Rede stehenden Piste in Betracht kommen können. Allerdings kann es nicht als fehlerhaft erkannt werden, wenn die UVP-Prüfung ihr besonderes Augenmerk auf jene Flugrouten legt, deren Festlegung durch die Austro Control GmbH mit größter Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, kommt es doch darauf an, das künftige Geschehen möglichst realistisch zu erfassen. Um diese Flugrouten zu identifizieren, wird es in der Regel notwendig sein, die Austro Control GmbH schon bei der Planung des Projekts entsprechend einzubinden.
Um den Unsicherheiten der Flugroutenprognose Rechnung zu tragen, kann es geboten sein, im UVP-Verfahren Gebiete im Einwirkungsbereich des Flughafens zu umschreiben, die aufgrund ihrer Vorbelastung von den Auswirkungen des Flugbetriebs infolge Inbetriebnahme der neuen Piste nicht oder nur in beschränktem Maße zusätzlich belastet werden dürfen. Allfällige Vorgaben in diese Richtung hat auch die Austro Control GmbH bei der späteren Festlegung der An- und Abflugverfahren zu berücksichtigen, um sich mit der UVP-Genehmigung nicht in Widerspruch zu setzen (vgl in diesem Sinne zur deutschen Rechtslage etwa das U des BVerwG 31. 7. 2012, 4 A 7001.11).
Verfahrens- und Entscheidungsgegenstand des UVP-Verfahrens sind durch Antrag und Vorhabensbeschreibung festgelegt. Ist die Benützung der dritten Piste nach dem Antrag nicht für Landungen vorgesehen, die bei Normalbetrieb in Richtung Osten über das Wiener Stadtgebiet führen würden, deckt die UVP-Genehmigung eine derartige Benützung der Piste auch nicht ab, was die Austro Control GmbH bei der künftigen Festlegung der Anflugverfahren zu beachten haben wird, um sich mit der UVP-Genehmigung nicht in Widerspruch zu setzen.
Es sind im Rahmen der UVP die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf das Klima zu untersuchen. Vorrangig ist dabei die Frage zu klären, welche THG-Emissionen einem Vorhaben zuzurechnen sind. Auf dieser Grundlage ist zu beurteilen, ob und in welchem Umfang das Vorhaben aufgrund der ihm zurechenbaren Emissionen Auswirkungen auf das Klima haben wird.
Der Begriff „Umweltschutzvorschriften“ ist zwar grundsätzlich weit zu verstehen und umfasst jene Rechtsvorschriften, die direkt oder indirekt dem Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Aus- oder Einwirkungen dienen (vgl VwGH 17. 11. 2015, Ra 2015/03/0058, mwN). Bei dem gem § 69 Abs 1 lit g LFG 1958 für die Genehmigung eines Zivilflugplatzes erforderlichen Finanzierungsplan ist aber ein ausreichender Bezug zum Schutz der Umwelt aber nicht zu erkennen.
Standortgemeinde ist keine "betroffene Öffentlichkeit" iS der Aarhus Konvention
VwGH 10. 4. 2019, Ra 2019/05/0047
Die Standortgemeinde hat gemäß § 50 Abs 4 AWG im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach dem AWG keine Parteistellung. Eine Gemeinde - auch nicht die Standortgemeinde - zählt nicht zur "betroffenen Öffentlichkeit" iS des Art 2 Z 4 AarhK und ihr steht daher nicht der "access to justice" gemäß Art 9 Abs 2 und 3 AarhK zu. Aus dem Urteil Protect des EuGH kann nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Die fehlende Parteistellung im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach dem AWG ist auch nicht verfassungswidrig. Eine als Behörde eingerichtete Organisationseinheit wie die Gemeinde fällt unter den Begriff der "Behörde", nicht aber unter jenen der (betroffenen) Öffentlichkeit.
Änderung eines maßgeblichen Punktes der Sach- oder Rechtslage als Grenze der
Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids
VwGH 24. 4. 2019, Ra 2018/03/0051
Die Rechtskraft eines Feststellungsbescheids gilt immer nur für den entschiedenen Sachverhalt, dh für eine im Wesentlichen unveränderte Sach- und Rechtslage. Bei der Beurteilung der Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids nach § 3 Abs 7 UVP-G ist maßgeblich, ob das zu beurteilende Vorhaben mit dem im Feststellungsverfahren gegenständlichen Projekt hinsichtlich der für die Beurteilung der UVP-Pflicht relevanten Punkte identisch ist (vgl VwGH 26. 4. 2006, 2003/04/0097; 26. 4. 2007, 2005/07/0136).
Diese Identität könnte etwa dann verneint werden, wenn die Lage des Bauvorhabens so verändert würde, dass die umweltrelevanten Auswirkungen anders zu beurteilen wären (vgl VwGH 19. 1. 2010, 2008/05/0162).
Die Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids ist somit (schon) dann nicht mehr gegeben, wenn entweder die Sach- oder die Rechtslage in maßgebenden Punkten geändert wird.
VwGH zur rückwirkenden Anfechtung von Bewilligungsbescheiden durch Umweltorganisationen
VwGH 25. 4. 2019, Ra 2018/07/0410
Die Rechtsstellung einer Umweltorganisation zur Gewährleistung von Vorschriften des Umweltrechtes ist nicht unmittelbar aus Art 9 Abs 3 AarhK ableitbar, sondern es entsteht erst durch die GRC die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Gewährung wirksamen gerichtlichen Schutzes der durch das Recht der Union garantierten Rechte.
Die zur Umsetzung des Art 10a (nunmehr Art 11) UVP-RL ergangenen Vorschriften des nationalen Rechts gelten auch für behördliche Genehmigungsverfahren, die vor dem 25. 6. 2005 eingeleitet wurden, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde (EuGH Rs Altrip, C-72/12).
Ob (auch) die Bestimmungen des Art 9 Abs 3 AarhK iVm Art 47 GRC wegen der damit ebenfalls eröffneten Möglichkeit eines Zugangs zum Recht dem Art 11 UVP-RL vergleichbare Bestimmungen darstellen und daher aufgrund der Rsp des EuGH in der Rs Altrip zu berücksichtigen wären, kann dahin stehen, wenn im Zeitpunkt der Einleitung bzw förmlichen Beantragung des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens (hier: 2003) weder die AarhK noch die GRC in Österreich in Kraft standen.
Umweltorganisationen, die zur "betroffenen Öffentlichkeit" iS des Art 1 Abs 2 UVP-RL zählen, steht die Möglichkeit offen, in einem Genehmigungsverfahren die Frage der UVP-Pflicht des Vorhabens relevieren zu können. Gibt es mehrere Genehmigungsverfahren, genügt es zur Durchsetzung der Rechte der UO, ihr in einem noch offenen Verfahren Parteistellung (zur Geltendmachung der UVP-Pflicht) einzuräumen. Der Einräumung einer Parteistellung in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren bedarf es in einer solchen Konstellation zur Sicherstellung des Rechtsschutzes der Revisionswerberin nicht.
(Entscheidungsbesprechung von Berger in RdU 2020/45, Seite 78)
Anforderung an Zugangsbeschränkungen,
die das Vorliegen öffentlich zugänglicher Parkplätze ausschließen
VwGH 8. 8. 2019, Ra 2018/04/0190
Zwar lässt sich der Bestimmung des Z 21 lit b des Anh 1 zum UVP-G bzw der Definition der öffentlich zugänglichen Parkplätze nicht entnehmen, dass eine wirksame Zugangsbeschränkung zwingend eine bauliche (oder eine räumliche) Abgrenzung erfordert. Auch die bislang dazu ergangene Rsp liefert keine Anhaltspunkte für eine dahingehende Auslegung. Erforderlich ist aber, dass die Zugangsbeschränkung insofern wirksam bzw geeignet ist, als sie die Allgemeinheit von der Benützung dieses Parkplatzes "ausschließt", und dass eine diesbezügliche Kontrollmöglichkeit besteht.
Vor dem Hintergrund der geforderten Wirksamkeit der Zugangsbeschränkung ist davon auszugehen, dass eine bloße Beschilderung bzw eine Beschilderung samt Markierung für sich allein noch nicht hinreichend ist. Auch der bloße Umstand, dass die jeweilige Zuordnung der Parkplätze (zu den unterschiedlichen Nutzungskategorien) aus den Projektunterlagen klar hervorgeht, stellt für sich genommen noch keine wirksame Zugangsbeschränkung dar.
Ob ein Vorhaben ein Städtebauvorhaben iSd Anh 1 Z 18 lit b UVP-G ist, ist eine Einzelfallfrage iS des Art 133 Abs 4 B-VG
VwGH 25. 9. 2019, Ra 2019/05/0117
Da die Frage, ob ein bestimmtes Vorhaben ein Städtebauvorhaben im Sinne des Anh 1 Z 18 lit b UVP-G ist, eine Frage des Einzelfalles, könnte sich die Zulässigkeit der Revision nur ergeben, wenn in den Revisionszulässigkeitsgründen substantiiert aufgezeigt wird, dass die diesbezügliche Beurteilung des VwG grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl VwGH 22. 1. 2019, Ra 2018/05/0286; 26. 2. 2019, Ra 2019/06/0012, jeweils mwN).
Städtebauprojekt: Zu den (qualitativen) Kriterien gemäß Z 2 lit c v) des Anhangs III der UVP-RL gehört auch der Standort des Projekts in einem durch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten ausgewiesenen Schutzgebiet (UNESCO-Welterbestätten); keine Willkür aufgrund ausführlicher, zumindest vertretbarer Begründung des BVwG
VfGH 1. 10. 2019, E 1643/2019
Nach der Rsp des EuGH, insb U v 21. 3. 2013, Rs C-244/12, Salzburger Flughafen, darf bei Projekten gem Art 4 Abs 2 lit b der UVP-RL die Festlegung von Schwellenwerten bzw Kriterien nicht zur Folge haben, dass ganze Klassen von Projekten, die Auswirkungen auf die Umwelt iSd Art 2 der Richtlinie haben, ausgenommen werden, es sei denn, es könne auf Grund der Schwellenwerte bzw Kriterien pauschal ausgeschlossen werden, dass solche negativen Auswirkungen auf die Umwelt erfolgten. Ein verbotener Ausschluss einer ganzen Klasse von umweltgefährdenden Projekten erfolge nach dem U des EuGH insbesondere dann, wenn ausschließlich quantitative Schwellenwerte bzw Kriterien für die Notwendigkeit einer UVP festgelegt werden, ohne die übrigen (qualitativen) Auswahlkriterien des Anhangs III der RL zu berücksichtigen. Der VwGH hat sich dieser Rechtsansicht in seinem Erk v 9. 10. 2014, 2013/05/0078, inhaltlich angeschlossen (auch wenn er im Ergebnis im konkreten Fall die österr Rechtslage für mit dem Unionsrecht vereinbar befand).
Aus verfassungsrechtlicher Sicht kann dem BVwG nicht entgegengetreten werden, wenn es darlegt, dass zu derartigen (qualitativen) Kriterien gemäß Z 2 lit c v) des Anh III der UVP-RL auch ein Standort des Projekts in einem durch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten ausgewiesenen Schutzgebiet Weltkulturerbestätte "Historisches Zentrum von Wien", Kategorie A des Anh 2 zum UVP-G, gehört. Weiters seien folgende im Anhang III der Richtlinie genannte Auswahlkriterien zu berücksichtigen: "Größe des Projekts", "Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte" sowie "historisch, kulturell oder archäologisch bedeutende Landschaften".
Im Falle eines Widerspruchs der nationalen Rechtslage zu den Bestimmungen der Richtlinie sind - wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts iSd vorhin zitierten Judikatur des EuGH - die genannten ausschließlich quantitativen Kriterien der Festlegung von Schwellenwerten bzw Kriterien für die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung unangewendet zu lassen. Auch dem hat sich der Sache nach der VwGH in seiner E v 9. 10. 2014, 2013/05/0078, angeschlossen.
Keine aufschiebende Wirkung für Revision gegen
negativen UVP-Feststellungsbescheid
VwGH 26. 9. 2019, Ra 2019/04/0115
Mit Bescheid der NÖ LReg wurde gem § 3 Abs 7 UVP-G festgestellt, dass für ein Bauvorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig sei. Mit dem angefochtenen Erk wurde die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen.
Werden von der revisionswerbenden Gemeinde als Nachteile aus dem Vollzug dieses Erk geltend gemacht, dass aufgrund der Bindungswirkung der UVP-Feststellung die Behörden, die für die Erteilung von Genehmigungen für dieses Vorhaben zuständig seien, annehmen müssten, dass sie für die Bewilligung des Vorhabens zuständig seien und dass durch den Gebrauch solcherart erteilter Bewilligungen Eingriffe in die Umwelt massive Auswirkungen auch auf Menschen, Tiere, Boden, Wasser und Luft getätigt würden, die nach einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten, so könnten diese nachteiligen Eingriffe in die Umwelt gegebenenfalls erst auf der Grundlage der entsprechenden materienrechtlichen Bewilligungen erfolgen.
Im hier gegenständlichen UVP-Feststellungsverfahren sind diese Umstände aber nicht von Bedeutung. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern für die Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil gegeben sein sollte, wenn materienrechtliche Bewilligungsverfahren für das gegenständliche Projekt durchgeführt werden (vgl VwGH 6. 6. 2018, Ra 2018/05/0061 mwN).
Der Verweis der Revisionswerberin auf den Beschluss vom 13. 2. 2019, Ra 2019/05/0002, betreffend Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zugunsten eines Nachbarn in einem ein Bauverfahren nach der BO für Wien betreffenden Verfahren verfängt vor diesem Hintergrund bzw mangels Vergleichbarkeit der zugrundeliegenden Verfahren nichts.
Unverhältnismäßiger Nachteil iSd § 30 Abs 2 VwGG für Umweltorganisationen
aus einem anderen Staat
VwGH 22. 10. 2019, Ra 2019/06/0148
Unter dem für die antragstellende Partei im Sinn des § 30 Abs 2 VwGG "unverhältnismäßigen Nachteil" ist im Fall der gemäß § 19 Abs 1 Z 7 UVP-G anerkannten Umweltorganisation ein Eingriff in die von den in § 19 Abs 4 bzw Abs 10 UVP-G genannten Umweltschutzvorschriften geschützten Interessen zu verstehen (vgl VwGH 4. 2. 2019, Ra 2018/04/0179, mwN).
Gleiches gilt für eine Umweltorganisation aus einem anderen Staat, welche die Voraussetzungen des § 19 Abs 11 UVP-G erfüllt, und für Bürgerinitiativen gemäß § 19 Abs 4 UVP-G.
Herausgabe einer ministeriellen Stellungnahme zum StandortentwicklungsG
als Umweltinformation; Anerkennungsbescheide iSd § 19 Abs 7 UVP-G sind keine Umweltinformationen
VwGH 24. 10. 2019, Ra 2019/07/0021
Nicht jede Stellungnahme (auch des für den Umweltschutz zuständigen BM) stellt per se eine Umweltinformation dar. Es steht der Qualifikation einer Stellungnahme (hier: in einem Gesetzesbegutachtungsverfahren) als Umweltinformation aber nicht entgegen, dass das betreffende Verfahren und dessen Ergebnis für sich allein weder Immissionen noch Veränderungen in der Umwelt betrifft, sondern vielmehr erst die rechtlichen Grundlagen für die - allfällige - Realisierung eines Vorhabens schafft. Entscheidend ist, ob sich das betroffene Gesetzesvorhaben bei seiner Umsetzung (zumindest wahrscheinlich) auf die im Gesetz genannten Umweltbestandteile oder -faktoren auswirken wird bzw deren Schutz dienen soll. Ein solcher Fall wäre etwa bei einer geplanten relevanten Änderung von Genehmigungskriterien oder des Verfahrensregimes im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung denkbar.
Solche Stellungnahmen, die die Willensbildung im Gesetzgebungsverfahren beeinflussen sollen, sind nicht mit Anerkennungsbescheiden nach § 19 Abs 7 UVP-G vergleichbar, welche nach der Judikatur keine Umweltinformationen darstellen (vgl VwGH 30. 3. 2017, Ro 2017/07/0004). Da derartige Bescheide lediglich darüber absprechen, dass eine Organisation die vom UVP-Verfahrensrecht vorgegebenen Mitwirkungsrechte ausüben kann, ist den Anerkennungsentscheidungen noch keine hinreichend wahrscheinliche Auswirkung auf Umweltgüter zuzumessen.
Keine Parteistellung einer UO im Naturschutzverfahren, um UVP-Pflicht
einwenden zu können
VwGH 10. 12. 2020, Ra 2020/10/0161
Umweltorganisationen
ist auf Grundlage des U des EuGH v 16. 4. 2015, Gruber, Rs C‑570/13, nur in
Fällen, in denen kein UVP-Feststellungsverfahren durchgeführt wurde,
Parteistellung im jeweiligen Genehmigungsverfahren einzuräumen, um ihnen die
Möglichkeit zu eröffnen, vorzubringen, dass das jeweilige Projekt einer UVP zu
unterziehen sei. Wird dagegen über das gegenständliche Projekt ein UVP-Feststellungsverfahren
durchgeführt, in dem die UO Beschwerde an das BVwG erheben konnte (und erhoben
hat),*) besteht kein Anlass, der UO auch in einem naturschutzrechtlichen
Bewilligungsverfahren – und so gleichsam „doppelt“ – Parteistellung einzuräumen.
Zur Beurteilung der UVP-Pflicht eines Städtebauvorhabens
VwGH 11. 12. 2019, Ra 2019/05/0013 (Entwicklungsvorhaben "Projekt B.-Gasse", Wien 22., mit einer Gesamtnutzfläche von rund 240.000 m2 und einer Gesamtbruttogeschossfläche von rund 320.000 m2)
Daraus, dass der in Bezug auf die Festlegung der Schwellenwerte bzw Kriterien gemäß Art 4 Abs 2 lit b UVP-RL eingeräumte Wertungsspielraum durch die in Art 2 Abs 1 dieser RL festgelegte Pflicht begrenzt wird sowie dass mit den Schwellenwerten und Kriterien das Ziel verfolgt wird, die Beurteilung der konkreten Merkmale eines Projekts (lediglich) zu erleichtern, folgt, dass eine besondere Prüfung der Frage vorzunehmen ist, ob unter Berücksichtigung der Kriterien in Anhang III eine UVP vorzunehmen ist (vgl dazu etwa EuGH 14. 1. 2016, Kommission/Bulgarien, C- 141/14, Rn 91 bis 94).
Bei einem Städtebauvorhaben für 7000 bis 8000 Einwohner, dessen Kapazität die in Anh 1 Z 18 lit b UVP-G festgelegten Schwellenwerte (Fläche von 15 ha, Bruttogeschossfläche 150 000 m2) in einem großen Ausmaß überschreitet, ist unabhängig davon, ob die innere Verkehrserschließung des Vorhabens autofrei ohne motorisierten Individualverkehr geplant ist, mit einem motorisierten Individualverkehr bis zu den geplanten Sammelgaragen zu rechnen. Um beurteilen zu können, ob das Vorhaben einen über das Gebiet des Vorhabens hinausreichenden Einzugsbereich iS der FN 3a des Anh 1 UVP-G haben könnte, wären nähere Feststellungen, mit welchen Umweltbelastungen aufgrund dieser Verkehrsströme zu rechnen ist, zu treffen.
Der Begriff "Erschließungsstraßen" in FN 3a des Anh 1 meint nicht nur Straßen für den motorisierten Individualverkehr innerhalb des Vorhabensgebietes, zumal auch in dieser Fußnote auf einen "über das Gebiet des Vorhabens hinaus reichenden Einzugsbereich" abgestellt wird.
Das in FN 3a geforderte Vorliegen einer "gesamthaften multifunktionalen Bebauung, jedenfalls mit Wohn- und Geschäftsbauten" ist auch gegeben, wenn ein Bildungscampus, ein Kindertagesheim und die Einrichtung eines Nahversorgers vorgesehen sind; dass Einzelhandelseinrichtungen die nach Raumordnungsvorschriften vorgegebene Größe eines "Einkaufszentrums (EKZ)" erreichen müssten, ergibt sich aus der in dieser Fußnote getroffenen Regelung nicht.
Kriterien für den räumlichen Zusammenhang bei der Kumulationsprüfung; in die Prüfung einzubeziehende Vorhaben und Schutzgüter
VwGH 11. 12. 2019, Ra 2019/05/0005 (Neubau eines Schweinemaststalles)
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob einzelne Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ist, ob es durch die verschiedenen Eingriffe gleichartiger Vorhaben zu einer Überlagerung der Wirkungsebenen dieser Eingriffe im Sinn kumulativer und additiver Effekte kommen kann. Alle gleichartigen Vorhaben in jenem Bereich, in dem sich die von ihnen bewirkten maßgeblichen Umweltauswirkungen erwartungsgemäß überlagern werden (sodass ein gemeinsames Erreichen des Schwellenwertes gemäß § 3 Abs 2 UVP-G bewirkt wird), sind in die Einzelfallprüfung einzubeziehen. wobei der räumliche Zusammenhang schutzgutbezogen zu beurteilen ist (vgl VwGH 21. 12. 2016, Ra 2016/04/0117, mwN). Dass die zu kumulierenden Vorhaben eine bestimmte Mindestgröße aufweisen müssten oder einen bestimmten Mindestbeitrag zu den zu prüfenden Umweltauswirkungen leisten müssten, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen (vgl VwGH 24. 7. 2014, 2011/07/0214; 17. 12. 2015, 2012/05/0153).*)
Bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Umweltauswirkungen im Rahmen des § 3 Abs 2 UVP-G ist - anders als bei der Prüfung im Rahmen des § 3 Abs 4 erster Satz UVP-G – nicht schematisch auf die Zuerkennung eines bestimmten Schutzstatus abzustellen. Ein dem Vorhaben nahe gelegenes Natura 2000-Gebiet (Gebiet der Kategorie A nach Anh 2 zum UVP-G) ist in die Prüfung der Erheblichkeit von Umweltauswirkungen einzubeziehen, auch wenn das Projekt nicht innerhalb des geschützten Gebietes liegt (vgl VwGH 29. 6. 2017, Ra 2016/04/0068).
Nach § 3 Abs 2 UVP-G sind die Auswirkungen der zu kumulierenden Vorhaben auf die Umwelt zu beurteilen, während nach § 3 Abs 4 leg cit bloß die mögliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes, für den das schutzwürdige Gebiet festgelegt wurde, von Bedeutung ist (vgl zur Unterscheidung im Prüfgegenstand VwGH 11. 5. 2017, Ra 2017/04/0006, mwN).
Die Entscheidung betreffend die Auswirkung verschiedener Eingriffe kann nur jeweils einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände getroffen werden. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel (vgl VwGH 24. 2. 2015, Ro 2014/05/0097).
Gesamtbewertung und Interessenabwägung nach § 17 Abs 5 UVP-G sowie im Rahmen einer NVP; Alternativenprüfung nach § 3a Sbg NSchG
VwGH 16. 12. 2019, Ra 2018/03/0066 (Schigebietserweiterung)
Das Prüfprogramm der UVP und der NVP unterscheiden sich, wobei die UVP einerseits weiter ist, weil sämtliche Umweltgüter, einschließlich ihrer Wechselwirkungen, in die Betrachtung einzubeziehen sind, während sich die Naturverträglichkeitsprüfung darauf konzentriert, ob das Schutzgebiet die ihm zugedachte Aufgabe innerhalb des Netzwerkes "Natura 2000" im Falle der Verwirklichung des Projektes noch erfüllen können wird. Andererseits ist die UVP enger, weil sie nur den aktuell vorhandenen Zustand der Umweltgüter betrachtet, während die NVP auch den Beeinträchtigungen des Entwicklungspotenziales eines Schutzgebietes nachzugehen hat. Auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung von nicht vom Netzwerk "Natura 2000" umfassten Gebieten ist von einem - im Vergleich zum Sbg NSchG - weiteren, auf sämtliche Umweltgüter ausgedehnten Prüfungsmaßstab auszugehen.
Die Gesamtbewertung gemäß § 17 Abs 5 UVP-G fordert zunächst eine möglichst vollständige Einbeziehung aller vorhabensbedingten Umweltauswirkungen, die dann in einen Gesamtkontext zu stellen sind. IS dieses weiten Prüfungsmaßstabs kommen als schwerwiegende Umweltbelastungen einerseits von den Verwaltungsvorschriften und Abs 2 leg cit nicht erfasste Arten von Umweltbelastungen in Frage, andererseits Umweltbelastungen, die von den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zwar erfasst werden, nach diesen aber keinen Versagungsgrund bilden, sondern erst aufgrund einer Gesamtbewertung als schwerwiegend eingestuft werden müssen. Insb sind dabei Interessen am Umweltschutz gemäß UVP-G 2000, jene der mitanzuwendenden Materiengesetze (beispielsweise WRG 1959, ForstG 1975, GewO 1994) und solche des Unionsrechts miteinzubeziehen. Der durch die Novelle 2009 neu eingefügte § 17 Abs 5 zweiter Satz UVP-G verdeutlicht, dass bei der Gesamtbewertung auch Ziele der Materiengesetze oder des Unionsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, iS einer umfassenden Interessenabwägung Berücksichtigung finden sollen. Damit sollen materien- oder gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Interessenabwägungen nicht erst (bzw nicht nur) im Rahmen der (konzentrierten) Genehmigung nach dieser Materie Berücksichtigung finden, sondern insgesamt auch nach § 17 Abs 5 UVPG 2000 einander gegenübergestellt werden
Voraussetzung einer auf Grund einer Interessenabwägung im Grunde des § 3a Abs 2 Sbg NSchG erteilten naturschutzrechtlichen Bewilligung ist, dass zur Maßnahme nachweislich keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternativlösung besteht. Die Vorschrift geht von einer Situation aus, in der sich die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange in einer im Wesentlichen vergleichbaren Weise an einem aus Sicht des Naturschutzes günstigeren Standort oder - soweit ein solcher nicht verfügbar ist - durch eine andere Art der Ausführung verwirklichen ließen (vgl VwGH 16. 4. 2004, 2001/10/0156). Als die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternativen kommen daher Planungs-, Standort- oder Ausführungsvarianten (wie beispielsweise Größenordnung und Umfang) in Betracht (vgl VwGH 24. 2. 2006, 2005/04/0044; 20. 11. 2014, 2011/07/0244, sowie Europäische Kommission-GD Umwelt, Prüfung der Verträglichkeit von Plänen und Projekten mit erheblichen Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete, 2001, S 32 f).
Aufgrund des der Alternativenprüfung innewohnenden "Vergleichbarkeitsmoment" muss eine Alternative eine im Wesentlichen vergleichbare Verwirklichung der mit dem Projekt angestrebten Ziele gewährleisten (vgl VwGH 23. 6. 2009, 2007/06/0257 mwN). Folglich ist zunächst das angestrebte Ziel des Vorhabens zu bestimmen, welches das Vorhaben nur rechtfertigen kann, wenn es gem § 3a Abs 2 NSchG unmittelbar einem besonders wichtigen öffentlichen Interesse dient (vgl Schlussanträge vom 30. 11. 2006 im Fall Kommission/Finnland, C-342/05, sowie den Leitfaden der Europäischen Kommission zur Entwicklung der Windenergie und Natura 2000, S 99 f). Selbst wenn eine solche Zuordnung möglich ist, darf das Projekt nicht durchgeführt werden, wenn das Ziel mit weniger einschneidenden Mitteln, also durch eine andere geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Lösung erreicht werden kann (vgl § 3a Abs 2 Z 2 NSchG). Bleibt das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel als solches erreichbar, so sind Abstriche bei der beabsichtigten Ausführung als typische Folge des Gebotes, Alternativen zu nutzen, hinnehmbar. IdS ist der vom Vorhabensträger bestimmte Zweck bzw das Ziel des Vorhabens auf die relevanten, mit den öffentlichen Interessen verbundenen, Kernziele auszuweiten, um zu vermeiden, dass durch eine zu enge Zielbestimmung eine Auswahl der zu prüfenden Alternativen eingeschränkt bzw gar ausgeschlossen wird. Zu berücksichtigen ist auch, ob das vom Vorhaben angestrebte Ziel in vergleichbarer Weise bereits durch ein anderes (genehmigtes) Vorhaben verwirklicht ist (vgl VwGH 24.2.2006, 2005/04/0044, mwN).
Zu besonders wichtigen öffentlichen Interessen sind jedenfalls die in Art 6 Abs 4 FFH-RL ausdrücklich genannten Aspekte des Schutzes der Gesundheit, der Umwelt und der öffentlichen Sicherheit, überdies auch weitere Belange des gemeinen Wohls zu rechnen. Insoweit können auch wirtschaftliche und soziale Belange, wie zB die Erhaltung von Arbeitsplätzen und Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung, herangezogen werden, um Ausnahmen vom Schutzregime zu rechtfertigen. Dabei genügt jedoch nicht, dass derartige wichtige Interessen für die Realisierung eines Plans oder Projekts sprechen, sondern sie müssen im Verhältnis zu beeinträchtigten Naturschutzbelangen "überwiegend" und zugleich "zwingend" sind. Mit dieser Verdopplung wird zum Ausdruck gebracht, dass nicht von vornherein jedes öffentliche Interesse zur Überwindung der Naturschutzbelange ausreicht; es muss sich vielmehr als unerlässlich erweisen (vgl den Auslegungsleitfaden zu Artikel 6 Absatz 4 der "Habitat-Richtlinie" 92/43/EWG, S 9).
Bei Bestehen einer entsprechenden Flächenwidmung oder eines örtlichen Entwicklungskonzepts ist eine dieser Widmung entsprechende Bebauung und Nutzung als im öffentlichen und nicht bloß privatem Interesse gelegen zu beurteilen; eine solche Widmung bewirkt aber noch nicht, dass bei der Interessenabwägung iSd § 3a NSchG von vornherein und bindend von einem Überwiegen der Interessen an der Projektausführung auszugehen wäre (vgl VwGH 9. 8. 2006, 2004/10/0235). Bei der Erweiterung von Schipisten zur Sicherstellung der (Leit-)Position als führende Wintersportdestination im Alpenraum iS der Erhaltung bzw Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit handelt es sich (bloß) um betriebswirtschaftliche Interessen, ein besonders wichtiges öffentliches Interesse iSd § 3a NSchG vermag daraus grds nicht abgeleitet zu werden (vgl VwGH 3. 11. 2008, 2007/10/0080).
Zum Umfang der in die Kumulationsprüfung einzubeziehenden Vorhaben und
Maßnahmen; örtliche Zuständigkeit für das Feststellungsverfahren bei Bundesländergrenzen
überschreitenden Vorhaben
VwGH 17. 12. 2019, Ro 2018/04/0012 (Windpark)
Bei der
Einzelfallprüfung wegen Kumulierung iS des § 3 Abs 2 UVP-G ist auf die
Auswirkungen der für das Erreichen des Schwellenwerts der Spalten 2 und 3 des
Anh 1 heranzuziehenden im räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben auf die
Umwelt, und zwar unter Berücksichtigung der Kriterien nach § 3 Abs 4 (Merkmale
und Standort des Vorhabens sowie Merkmale der potentiellen Auswirkungen des
Vorhabens auf die Umwelt) und – bezogen auf die durch das Vorhaben betroffenen
Schutzgüter – unter Berücksichtigung der Belastungen, die von Projekten im
räumlichen Zusammenhang ausgehen, Bedacht zu nehmen. Da nach dem U des EuGH v 11.
2. 2011, Marktgemeinde Strasswalchen ua,
C-531/13, die Prüfung der kumulativen Auswirkungen nicht allein auf gleichartige
Projekte beschränkt ist, könnte auch ein Pumpspeicherkraftwerk schutzgutbezogen
in die Kumulationsprüfung mit einem Windpark einbezogen werden.
Bei dieser
Beurteilung im Zuge der als Grobprüfung durchzuführenden Einzelfallprüfung, ob
die Umweltauswirkungen eines Projekts wegen der Auswirkungen anderer Projekte
größeres Gewicht haben können als bei deren Fehlen, müssen nicht nur
bestehende, sondern auch geplante Projekte (inklusiver geplanter
Ausgleichsmaßnahmen) berücksichtigt werden (vgl VwGH 30. 6. 2016, Ra
2016/07/0034, Rn 28; 29. 11. 2016, Ra 2016/06/0068, Rn 37), soweit diese
Projekte bereits genehmigt oder mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei
einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden.
Gegen diese mit der UVP-Nov BGBl I 2017/58 eingeführte zeitliche Begrenzung des
Anwendungsbereichs für die Kumulationsprüfung bestehen keine unionsrechtlichen
Bedenken.
Im Genehmigungsantrag aufgenommene
Ausgleichsmaßnahmen bzw behördlich vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen in Bezug
auf bereits genehmigte, aber noch nicht errichtete Vorhaben sind bei der
Kumulationsprüfung in die Beurteilung einzubeziehen, weil das Gesetz die
Prüfung nicht auf für die Umwelt negative Effekte beschränkt.
Das Vorhaben
beschränkt sich nicht auf die jeweilige technische Anlage, sondern umfasst auch
alle mit dieser in ihrem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden
Maßnahmen (vgl VwGH 29. 3. 2017, Ro 2015/05/0022, Rn 68, mwN). Ausgehend davon
handelt es sich bei der Mitbenutzung eines bestehenden Erschließungsweges für
den Bau und den Betrieb einer 380 kV-Leitung auf einer Länge von 400 m als
Zufahrts- bzw Verbindungsweg zwischen den projektgegenständlichen Windkraftanlagen
um einen Bestandteil des Vorhabens.
§ 3 Abs 2 UVP-G
soll eine Umgehung der UVP-Pflicht verhindern. Die knappe Unterschreitung des
Schwellenwertes für Windkraftanlagen erlaubt aufgrund der in diesem Fall
durchzuführenden Einzelfallprüfung – im Gegensatz zu Fällen der Aufsplitterung
von Vorhaben etwa betreffend ihre Kapazität auf weniger als 25 % des
Schwellenwerts, um die Durchführung einer Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs 2
UVP-G zu vermeiden und eine UVP-Pflicht von vornherein auszuschließen (vgl dazu
etwa VwGH 29. 3. 2006, 2004/04/0129) – nicht
die Annahme eines Umgehungsprojekts, für die der knapp unterschrittene
Schwellenwert nicht gilt und jedenfalls eine UVP-Pflicht bestünde.
In Bezug auf die
Zusammenrechnung von Rodungsflächen sind auch die Zufahrt und die Trasse der
Energieableitung sowie auch Rodungen von mit dem gegenständlichen Vorhaben im
räumlichen Zusammenhang stehenden eingereichten bzw genehmigten Projekten zu
berücksichtigen.
Soweit
die örtliche Zuständigkeit der UVP-Beh sich weder aus § 39 Abs 4 UVP-G idF
BGBl I 2017/111*)
noch aus § 3 Z 1 und 2 AVG ergibt, ist auf den Auffangtatbestand der Z 3 leg
cit abzustellen, nach der sich die örtliche Zuständigkeit in sonstigen Fällen
zunächst nach dem Hauptwohnsitz (Sitz) des Beteiligten, und zwar im
Zweifelsfall des belangten oder verpflichteten Teiles richtet. Es kommt daher
in diesem Fall auf den Sitz der Projektwerberin an.
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