zu den Grundlagen der Gesamtabwägung nach § 17 Abs 5
Voraussetzungen für die Bestellung und Auferlegung
der Kosten eines
nichtamtlichen Sachverständigen
VwGH 29. 7. 2020, Ra 2020/07/0029
§
3b Abs 1 UVP-G idF BGBl I 2016/4 erklärt die Beiziehung von nichtamtlichen
Sachverständigen zwar auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs
2 und 3 AVG für zulässig. Jedoch ist (auch) in einem Verfahren nach dem UVP-G
zunächst zu beurteilen, ob die Beweisaufnahme durch einen nichtamtlichen
Sachverständigen überhaupt "notwendig" iS des § 52 Abs 1 AVG ist. Ein
Sachverständigenbeweis ist demnach dann aufzunehmen, wenn dies in den
Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist oder wenn zur Erforschung der
materiellen Wahrheit besondere Fachkenntnisse nötig sind.
Die
Überwälzung von Gebühren eines nichtamtlichen Sachverständigen auf den
Projektwerber ist gem § 3b Abs 2 UVP-G idF BGBl I 2016/4 nur dann zulässig,
wenn der Beweis durch Sachverständige iS des § 52 Abs 1 AVG notwendig war. Ist
dies nicht der Fall, kann iS des § 76 Abs 1 AVG nicht mehr davon ausgegangen
werden, dass der Behörde bzw dem VwG Barauslagen - worunter auch die Gebühren
eines nichtamtlichen Sachverständigen fallen - "erwachsen" sind, für
die der Projektwerber/die Projektwerberin aufzukommen hat.
Daraus,
dass keine Einwendung gegen die Bestellung erhoben wurden, kann nicht abgeleitet
werden, es sei ein Einverständnis der Partei mit deren Bestellung vorgelegen
und es sei diese für "notwendig erachtet" worden.
Die Partei kann ihre Rechte in dem Verfahren betreffend die Vorschreibung von Barauslagen gemäß § 76 AVG geltend machen. Dieser Grundsatz gilt - unabhängig von einem an den Projektwerber gerichteten Auftrag zur direkten Bezahlung an den Sachverständigen - auch in einem Verfahren nach § 3b Abs 2 UVP-G.
VwGH 3. 8. 2020, Ro 2019/04/0034 (380 kV-Salzburgleitung)
Nach der stRsp des
VwGH ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen und es ist selbst
die mögliche Rechtswidrigkeit des Erk des VwG kein Grund für die Zuerkennung der
aufschiebenden Wirkung (vgl VwGH Ro 2019/04/0034 ua).
örtlicher Beschränkung des Tätigkeitsbereiches einer UO
Bei der
Beurteilung der Antragslegitimation einer Umweltorganisation im Rahmen des Art
9 Abs 3 Aarhus Konvention ist nicht nur auf das Vorliegen der Voraussetzungen
des § 19 Abs 6 UVP-G, sondern gerade auch auf die bescheidmäßige Anerkennung
gemäß § 19 Abs 7 UVP-G und den sich daraus ergebenden räumlichen
Tätigkeitsbereich abzustellen.
Ist der räumliche
Tätigkeitsbereich einer Umweltorganisation zum Zeitpunkt der Erlassung eines
naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheids auf bestimmte Bundesländer [ohne
Kärnten] festgelegt, so kommt dieser UO – mangels eines mit Anerkennungsbescheid
gem § 19 Abs 7 UVP-G für das Bundesland Kärnten festgelegten
Tätigkeitsbereichs - keine aus einer Parteistellung in den
naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren resultierende Legitimation zur Beschwerdeerhebung
an das VwG zu.
Auswirkungen einer unterbliebenen SUP auf das
UVP-Verfahren;
„Aussetzung“ von Plänen und Programmen im
Genehmigungsverfahren;
unionsrechtliche
Unbedenklichkeit der unterschiedlichen Regelung von Rodungen und
Trassenaufhieben, keine Verdrängung der Rodungsbestimmungen des ForstG durch UVP-RL; Inhalt, Umfang und maßgeblicher Zeitpunkt für die Erstellung der
UVE;
Behördenzuständigkeit bei Bundesländergrenzen überschreitenden Vorhaben
Nach der Rsp des
VwGH Erk v 19. 12. 2013, 2011/03/0160 mwN zur Rsp des EuGH zur SUP-RL) kann von
einem Plan oder einem Programm iS der SUP-RL nur dann ausgegangen werden, wenn
es sich dabei um einen Rechtsakt handelt, der die Grundlage für die
Durchführung zumindest eines weiteren auf diesem Rechtsakt aufbauenden
Vorhabens bildet. Da die SUP-RL selbst zwischen Plänen und Programmen iS ihres
Art 2 lit a und Vorhaben iS der UVP-RL differenziert, handelt es sich bei einem
konkreten Vorhaben, das aufgrund der UVP-RL einer UVP zu unterziehen ist und
keinen Rechtsakt zur Durchführung für weitere darauf aufbauende Vorhaben
bildet, um keinen Plan und um kein Programm iS der SUP-RL.
Weder die SUP-RL
noch das ElWOG 2010 enthalten Regelungen zur Bestimmung der Zuständigkeit einer
nationalen Beh zur Durchführung einer gebotenen SUP, sodass bei Bestimmung der
Zuständigkeit von der sachnächsten Zuständigkeit auszugehen (vgl allgemein VwGH
29. 10. 2014, Ro 2014/04/0069). Da der Netzentwicklungsplan (NEP)
nach § 38 Abs 1 ElWOG 2010 von der Regulierungsbehörde durch Bescheid zu
genehmigen ist, wäre - die Erforderlichkeit der Durchführung einer SUP
vorausgesetzt - die Regulierungsbehörde als insoweit sachnächste Behörde
betreffend die Durchführung einer SUP anzusehen, nicht jedoch das BVwG im
Verfahren über die Beschwerde gegen eine Genehmigung nach dem UVP-G.
Eine nach der
UVP-RL durchgeführte UVP entbindet nicht von der Verpflichtung, eine SUP nach
der SUP-RL durchzuführen (vgl EuGH 22. 9. 2011, C-295/10, Rn 60 ff; 7. 6. 2018,
C-671/16, Rn 65 f). Ausdrückliche Regelungen über Auswirkungen der
(Nicht)Durchführung einer SUP auf ein UVP-Verfahren enthält die SUP-RL nicht;
es ist deshalb Sache der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten, alle
erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit sämtliche Pläne und Programme, die
erhebliche Umweltauswirkungen iS der SUP-RL haben, Gegenstand einer SUP gemäß
den vorgesehenen Verfahrensmodalitäten und Kriterien sind (vgl EuGH
28. 2. 2012, C-41/11, Rn 42; 28. 7. 2016, C-379/15, Rn 30).
Nach dem U v 25. 6. 2020, C-24/19 (insb Rn 80, 83 und 88) kann
eine zu Unrecht unterbliebene Durchführung einer SUP betreffend einen Plan
nicht nur die Unionsrechtswidrigkeit des Plans nach sich ziehen, sondern -
jedenfalls dem Grunde nach - auch diejenige einer Projektgenehmigung.
Die Möglichkeit, den unionsrechtlichen Vorgaben durch eine Aufhebung des
NEP zu entsprechen, steht in einem UVP-Genehmigungsverfahren nicht offen, weil der
NEP nicht Verfahrensgegenstand im zugrundeliegenden Genehmigungsverfahren
(hier: einer Starkstromfreileitung) ist. Den unionsrechtlichen Vorgaben kann
dadurch Rechnung getragen werden, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung
unter Aussetzung des NEP geprüft wird, da die angerufenen Gerichte auf der
Grundlage ihres nationalen Rechts Maßnahmen zur Aussetzung oder Aufhebung eines
unter Verstoß gegen die Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung erlassenen
Plans oder Programms zu ergreifen haben (vgl EuGH aaO; in der englischen bzw
der französischen Sprachfassung lautet es diesbezüglich "suspend or annul" bzw "à la suspension ou à l'annulation"; in gleicher Weise
hat sich der EuGH im U vom 29. 7. 2019, C-411/17, Inter-Environnement
Wallonie ASBL, Rn 172, im Zusammenhang mit der gebotenen Abhilfe eines
Verstoßes gegen die UVP-RL geäußert).
Für eine Aussetzung bedarf es - anders als bei einer Aufhebung - keines
ausdrücklich darauf gerichteten Ausspruchs; sie hat in der Form zu erfolgen,
dass der - allenfalls unionsrechtswidrige - NEP bei der Überprüfung der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen E durch den VwGH unangewendet und somit außer
Betracht zu bleiben hat bzw nicht als Grundlage heranzuziehen ist. Eine solche Aussetzung des NEP
käme nicht in Betracht, wenn dem NEP (bzw allenfalls dem ihn genehmigenden
Bescheid der Regulierungsbehörde) verbindliche Rechtswirkungen für Dritte bzw
für die im Bereich der Genehmigungserteilung zuständigen Beh beizumessen wären
(vgl U des EuGH Rs C-24/19, Rn 76 ff) und er nicht nur Richtwertcharakter hätte
(vgl EuGH Rs C-321/18, Rn 44).
Erweist sich die Genehmigung in der vorliegenden Form auch ohne
Anwendung bzw Heranziehung des NEP als rechtmäßig, so kann sie Bestand haben. Ist
dies zu verneinen, dann ist den unionsrechtlichen Vorgaben durch eine Aufhebung
der angefochtenen Entscheidung Genüge zu tun.
Die Aufnahme
eines Vorhabens in den NEP ist wieder eine Genehmigungsvoraussetzung noch wäre
eine nicht erfolgte Aufnahme eines Vorhabens in den NEP ein Erteilungshindernis
im UVP-Verfahren. Auch der Umstand, dass der NEP Parameter betreffend die
Ausführung des vorliegenden Projekts in technischer und räumlicher Hinsicht
enthält, zieht keine Bindungswirkung im vorliegenden Fall nach sich und steht
somit einer Aussetzung des NEP nicht entgegen. Das BVwG ist zutreffend davon
ausgegangen, dass für das bei ihm zur UVP-Genehmigung anhängige Projekt einer
380 kV-Starkstromfreileitung selbst keine SUP durchzuführen war.
Mit der UVP-G-Novelle
2018 wurde der unionsrechtliche Begriff der Abholzung vom innerstaatlichen
Begriff der Rodung abgekoppelt, weil auch Trassenaufhiebe als Abholzungen
angesehen werden. Zwar definiert FN 14a zu Z 46 lit a und b Anh 1 den Begriff
der Rodung gleichlautend wie § 17 Abs 1 ForstG 1975. Der Begriff der Rodung
kann nicht mehr mit dem unionsrechtlichen Begriff der Abholzung gleichgesetzt
werden. Es ist aus unionsrechtlicher Sicht nicht geboten, Trassenaufhiebe
forstrechtlich als Rodungen einzustufen.
Die UVP-RL enthält
zwar allgemeine Vorgaben hinsichtlich der einzubeziehenden Schutzgüter (Art 3)
sowie zur Berücksichtigung des UVP-Berichts, der Ergebnisse der
durchzuführenden Konsultationen und der eingelangten Stellungnahmen (Art 8) und
hinsichtlich der Mindestinhalte der Genehmigungsentscheidung (Art 8a). Darüber
hinausgehende materiell-rechtliche Anforderungen - etwa in Form konkreter
Voraussetzungen für die Erteilung oder Versagung einer Genehmigung - normiert
die UVP-RL aber nicht. Eine unionsrechtlich gebotene Verdrängung der
Bestimmungen über die Interessenabwägung für die Erteilung einer
Rodungsgenehmigung nach § 17 Abs 3 ForstG kommt in Ermangelung darauf
gerichteter inhaltlicher Vorgaben in der UVP-RL nicht in Betracht.
Bei der - auf
entsprechendem fachlichen Niveau abzugebenden - UVE handelt es sich (neben dem
UVGA) um eine der beiden Säulen der Umweltverträglichkeitsprüfung (s VwGH
20. 12. 2016, Ro 2014/03/0035, Rn 66). Im UVP-Verfahren ist die
voraussichtlich beeinträchtigte Umwelt durch eine Erhebung und Darstellung der
derzeitigen Umweltsituation jeweils im Untersuchungsraum geordnet nach
Schutzgütern darzustellen ist („Ist-Zustand“; s VwGH 24. 5. 2016, 2013/07/0147,
Rn 37). Aus der Rsp des VwGH ergeben sich keine konkreten Vorgaben hinsichtlich
des Umfangs der in räumlicher Hinsicht durchzuführenden Erhebungen - etwa
dahingehend, dass eine Darstellung des Ist-Zustandes bzw eine dafür erstellte
Kartierung eine vollständige Erhebung in allen betroffenen Teilgebieten
voraussetzt. Im Zusammenhang mit der Frage des Referenzzeitpunktes zur
Beurteilung des Zustands einer lokalen Population ist als Referenzzeitpunkt für
die Ermittlung des Zustandes der Population auf den Ist-Zustand im Zeitpunkt
der Einreichung des Projektes abzustellen (vgl VwGH 24. 7. 2014,
2013/07/0215, Pkt 8.4.2.). Die in der UVE enthaltenen Daten müssen
umfassend und aktuell genug sein. um der Erstellung eines UVGA und der
Beurteilung eines Projektes auf seine Umweltverträglichkeit zugrunde gelegt
werden zu können. Eine konkrete Vorgabe in zeitlicher Hinsicht bezüglich der
Aktualität der zugrunde gelegten Erhebungsergebnisse (etwa im Sinn einer
strikten "Jahresgrenze") lässt sich daraus allerdings nicht ableiten.
Die Vorgangsweise
des UVP-Sachverständigen, die zuvor auf ihre Plausibilität hin geprüften
Ausführungen in der Umweltverträglichkeitserklärung seinem eigenen Gutachten zu
Grunde zu legen, stößt auf keine Bedenken, zumal die UVE (auch wenn auf
Grundlage der UVP-RL vom Projektwerber die Vorlage von wissenschaftlichen Gutachten
grundsätzlich nicht verlangt werden darf) geeignet sein muss, im weiteren
Genehmigungsverfahren berücksichtigt zu werden (vgl VwGH 30. 6. 2006,
2002/03/0213; 19. 12. 2013, 2011/03/0160).
Die Zuständigkeit
nur "einer" Landesregierung ist beim UVP-Genehmigungsverfahren nicht
erforderlich. Der Umstand, dass es im UVP-G 2000 hinsichtlich der anzuwendenden
materiell-rechtlichen Bestimmungen zu einer Genehmigungskonzentration kommt,
steht der Annahme, dass bei einem Bundesländergrenzen überschreitenden Vorhaben
mehrere Behörden örtlich zuständig sind, nicht entgegen. Die
Zuständigkeitsregelungen des § 4 Abs 1 und 2 AVG sind nur anwendbar, wenn Beh
aus demselben (verfassungsgesetzlich festgelegten) Vollzugsbereich betroffen
sind, weil eine Devolution auf die Oberbehörde im Falle fehlenden Einvernehmens
der Beh nur in Betracht kommt, wenn diese Beh eine gemeinsame sachlich in
Betracht kommende Oberbehörde haben, was im Hinblick auf die Zuständigkeit
zweier LReg nicht der Fall ist.
Die räumliche
Trennung der Genehmigungszuständigkeit hindert die jeweils zuständigen Beh
nicht daran, eine integrative Gesamtbewertung aller vorhabensbedingten
Umweltauswirkungen gem § 17 Abs 5 UVP-G vorzunehmen. Diese Gesamtbewertung hat
vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag unter möglichst vollständiger
Einbeziehung aller vorhabensbedingten Umweltauswirkungen zu erfolgen, die in
einen Gesamtkontext zu stellen (also in Summe und im Verhältnis zueinander zu
beurteilen) sind.
Eine LReg kann
zwar ein Vorhaben nur hinsichtlich des Gebietes des jeweiligen Bundeslandes
genehmigen, die Genehmigungsfähigkeit ist aber - wenn auch nur für einen Teil
des Vorhabens - anhand der Auswirkungen des Gesamtvorhabens zu beurteilen.
VwGH 8. 10. 2020, Ra 2018/07/0447 (Wasserkaftwerk Schwarze Sulm)
Es
bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken gegen die mit BGBl I 2017/ 58 eingeführte
zeitliche Begrenzung des Anwendungsbereichs für die Kumulationsprüfung, da mit
der Richtlinie 2014/52 v 16. 4. 2014 zur Änderung der UVP-RL 2011/92 das
Auswahlkriterium nach Anhang III Z 1 Buchst b dahingehend einschränkend
novelliert wurde, als es nunmehr die "Kumulierung mit anderen bestehenden
und/oder genehmigten Projekten und Tätigkeiten", nicht jedoch auch die
Kumulierung mit solchen Vorhaben, die bloß beantragt, aber für die Verwirklichung
noch nicht vollständig genehmigt sind, umfasst.
Im
Rahmen des UVP-Verfahrens für eine Wasserkraftanlage sind Umweltbelastungen
durch additive und kumulative Effekte mit anderen Vorhaben zu berücksichtigen
und können allenfalls dessen Genehmigung (etwa nach § 17 Abs 5 UVP-G)
entgegenstehen. In diesem Sinn sind auch die Erläuterungen (RV 1456 BlgNR 25.
GP 3 f) zu verstehen, wonach "bei einer Prüfung für das Zweitvorhaben
(...) alle kumulativ-additiven und umwelterheblichen Auswirkungen im
unionsrechtlichen Sinne geprüft" werden.
Zwar
hat der VwGH im Erk v 16. 12. 2019, Ra 2018/03/0066 bis 0068, ausgesprochen,
dass die Kumulation eines Vorhabens, das für sich bereits UVP-pflichtig ist,
mit anderen Vorhaben nicht vorgesehen ist. Diese Ausführungen beziehen sich jedoch
lediglich auf die Kumulierungsprüfung gemäß § 3 Abs 2 bzw § 3a Abs 6 (also die
Frage der UVP-Pflicht selbst) und nicht die Beurteilung von Umweltauswirkungen
im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens. Nur für die Frage der UVP-Pflicht
selbst kann eine Umgehungsabsicht durch Vorhabensstückelung schon aus dem Grund
ausgeschlossen werden, dass das zu prüfende Vorhaben an sich schon UVP-pflichtig
ist.
Feststellungsverfahren
nach § 3 Abs 7 UVP-G sind bei der Kumulationsprüfung nach § 3 Abs 2 oder § 3a
Abs 6 nicht zu berücksichtigen, weil diesbezüglich noch nicht mit hinreichender
Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass das Vorhaben überhaupt oder in
der dort dargestellten Form verwirklicht werden wird.
Keine Parteistellung einer UO im Naturschutzverfahren,
um UVP-Pflicht
einwenden zu können
VwGH 10. 12. 2020, Ra 2020/10/0161
Umweltorganisationen ist auf Grundlage des U des EuGH v 16. 4. 2015, Gruber, Rs C‑570/13, nur in Fällen, in denen kein UVP-Feststellungsverfahren durchgeführt wurde, Parteistellung im jeweiligen Genehmigungsverfahren einzuräumen, um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, vorzubringen, dass das jeweilige Projekt einer UVP zu unterziehen sei. Wird dagegen über das gegenständliche Projekt ein UVP-Feststellungsverfahren durchgeführt, in dem die UO Beschwerde an das BVwG erheben konnte (und erhoben hat),*)besteht kein Anlass, der UO auch in einem naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren – und so gleichsam „doppelt“ – Parteistellung einzuräumen.
*) Das Recht zur Überprüfung negativer
Feststellungsbescheide kommt den gemäß § 19 Abs 7 UVP-G anerkannten UO bereits
seit der Novelle des UVP-G, BGBl I 2012/77 zu. Den Nachbarn iS des § 19 Abs 1 Z
1 UVP-G wurde dieses Beschwerderecht mit der Novelle BGBl I 2016/4 (ab 24. 2.
2016) eingeräumt.
Überprüfung der UVP-Pflicht im Materienverfahren
VwGH 17. 12. 2020, Ra 2018/06/0139
In jenen Fällen,
in denen (mangels Antragslegitimation der Nachbarn iS des § 19 Abs 1 Z 1 UVP-G)
kein UVP-Feststellungsverfahren eingeleitet wurde, steht nach der Rsp des VwGH
Nachbarn die Möglichkeit offen, in einem materienrechtlichen Verfahren - zB im
straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren - den Einwand der UVP-Pflicht sowie
der sich daraus allenfalls ergebenden Unzuständigkeit der Beh zu erheben. Die
(Fach-)Behörde ist verpflichtet, ihre Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen
und in ihrer E aufgrund nachvollziehbarer Feststellungen darzulegen, warum sie
etwa vom Fehlen einer UVP-Pflicht und damit von ihrer Zuständigkeit ausgeht
(vgl VwGH 24. 4. 2018, Ra 2016/05/0112 und 0113, und zu den
verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Mitglieder der betroffenen
Öffentlichkeit selbst in einem Materienverfahren, in dem ihnen nach
innerstaatlichem Recht keine Parteistellung zukommt, VwGH 5. 11. 2015, Ro
2014/06/0078; 29. 11. 2016, Ro 2016/06/0013; 27. 6. 2017,
Ro 2015/05/0025).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen