Mittwoch, 22. Mai 2024

Rechtsprechung des VwGH zur UVP 2023

Vorliegen eines Städtebauvorhabens Frage des Einzelfalles; Voraussetzungen für die Aussetzung eines Planes wegen unterbliebener SUP

Anh 1 Z 18 lit b UVP-G; Art 4 Abs 2 UVP-RL; SUP-RL; § 2 Abs 1b BO für Wien; Art 133 Abs 4 B-VG

Ob ein bestimmtes Vorhaben ein Städtebauvorhaben iS des Anh 1 Z 18 lit b UVPG 2000 ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Um die Zulässigkeit einer Revision zu begründen, müsste daher in den Revisionszulässigkeitsgründen substantiiert aufgezeigt werden, dass die diesbezügliche Beurteilung des VwG grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl VwGH 22. 1. 2019, Ra 2018/05/0286; 26. 2.2019, Ra 2019/06/0012, jeweils mwN).

Art 4 Abs 2 der UVP-RL sieht für die in Anhang II (dieser RL) genannten Projekte vor, dass die Mitgliedstaaten anhand einer Einzelfallentscheidung oder anhand der von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien entscheiden, ob für das Projekt eine UVP durchzuführen ist. Den Mitgliedstaaten wird mit dieser Bestimmung ein Ermessensspielraum eingeräumt, der aber – wie der EuGH bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl etwa EuGH 28. 2. 2018, Comune di Castelbellino, C-117/17, Rn 37, 39) – durch die in Art 2 Abs 1 UVP-RL festgelegte Pflicht begrenzt ist, die Projekte, bei denen ua aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor der Erteilung einer Genehmigung einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen zu unterziehen. Hierbei würde ein Mitgliedstaat, der diese Schwellenwerte bzw. Kriterien so festlegte, dass in der Praxis alle Projekte einer bestimmten Art von vornherein von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen wären, seinen Wertungsspielraum überschreiten, es sei denn, aufgrund einer Gesamtbeurteilung aller ausgenommenen Projekte wäre davon auszugehen, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei.

Hat sich das VwG im angefochtenen Erk alternativ auch damit auseinandergesetzt, ob vorliegend bei unmittelbarer Anwendung der UVP-RL eine UVP durchzuführen wäre, so kann im Revisionsverfahren dahinstehen, ob das Vorbringen der Revisionswerberin, der Tatbestand des „Städtebauvorhabens“ in Anhang 1 Z 18 li. b UVP-G widerspreche der UVP-RL und deren Tatbestand des „Städtebauprojektes“ sei unionsrechtswidrig umgesetzt, zutrifft, weil das VwG fallbezogen mit näherer Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben (bei dem es sich um eine - Baulücken schließende - reine Wohnbebauung mit nur 33 Wohnungen und 21 PKW-Stellplätzen in einem bereits mittels Straßen und Versorgungseinrichtungen erschlossenen Gelände handelt) ein bloß geringes Potential für eine Beeinträchtigung der Umwelt bestehe und dieses daher auch in direkter Anwendung der UVP-RL keiner UVP zu unterziehen sei.

Falls den unionsrechtlichen Vorgaben der RL 2001/42/EG (SUP-Richtlinie) bei Erlassung eines Flächenwidmungsplanes nicht Rechnung getragen wurde, so kann die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung unter Aussetzung des - ohne die SUP ergangenen - Planes geprüft werden, wobei es für eine Aussetzung keines ausdrücklich darauf gerichteten Ausspruchs bedarf; dieses hat vielmehr in der Form zu erfolgen, dass der - allenfalls unionsrechtswidrige - Plan bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung durch den VwGH unangewendet und somit außer Betracht zu bleiben hat bzw nicht als Grundlage heranzuziehen ist (vgl VwGH 15. 10. 2020, Ro 2019/04/0021, Rn 175). 

Wenn in einer Revision allerdings nicht dargelegt wird, inwiefern der auf das Bauvorhaben konkret anwendbare Flächenwidmungs- und Bebauungsplan in unionsrechtswidriger Weise keiner SUP unterzogen worden sei, und warum das in Rede stehende Plandokument iS des § 2 Abs 1b BO für Wien voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen iS der Kriterien des Anh II der SUP-RL haben sollte, wird die Zulässigkeit der Revision nicht ausreichend dargetan.

VwGH 07.03.2023, Ra 2021/05/0162


Verletzung der Verhandlungspflicht bei Einwand der UVP-Pflicht im Materienverfahren

Art 46, 51 Abs 1 GRC; Art 11 UVP-RL; § 24 Abs 4 VwGVG

Die in Art 47 GRC festgelegten Garantien, die inhaltlich jenen des Art 6 EMRK entsprechen, kommen zum Tragen, wenn in einem Genehmigungsverfahren nach dem MinroG und dem WRG von einem Einwender (Bf) geltend gemacht wird, dass die Projektwerberin die Projektfläche unsachlich aufgesplittet habe, um einer UVP zu entgehen (vgl dazu VwGH 29. 3. 2006, 2004/04/0129, mwN). In diesem Fall ist auch das in Umsetzung der RL 2011/92/EU eingeführte UVP-G in den Blick zu nehmen, welches Angelegenheiten der „Durchführung des Rechts der Union“ iSd Art 51 Abs 1 GRC betrifft (vgl zur Bindung an die GRC bei der Auslegung von in nationales Recht umgesetzten RL etwa EuGH 29. 1. 2008, C-275/06, Promusicae, Rn 68).

Wurde das Ausmaß der projektgegenständlichen Fläche in der Beschwerde bestritten und sah sich das VwG veranlasst, sich mit diesem Vorbringen beweiswürdigend auseinanderzusetzen, so durfte sich dieses nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass der Sachverhalt geklärt gewesen sei, sofern es sich nicht um ein unsubstantiierten Bestreiten handelte, welches außer Betracht bleiben hätte können (vgl etwa VwGH 21. 8. 2023, Ra 2022/07/0166). Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen – wie hier – ist jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen. 

Eine Missachtung der Verhandlungspflicht führt im Anwendungsbereich des Art 6 EMRK und des Art 47 GRC zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, ohne dass die Relevanz dieses Verfahrensmangels geprüft werden müsste (vgl VwGH 20. 2. 2023, Ra 2021/07/0062, mwN).

VwGH 19. 3. 2024, Ra 2022/07/0075


Beschwerdebefugnis einer nach dem UVP-G anerkannten Umweltorganisation in Verfahren nach dem NÖ NSchG

§ 19 Abs 6 und 7 UVP-G; § 27b Abs 1 und § 27c Abs 1 NÖ NSchG idF LGBl 2019/26

Der Wortlaut der Bestimmungen des § 27c Abs 1 und § 27b Abs 1 NÖ NSchG 2000 idF LGBl 2019/26 verweist - ohne jegliche Einschränkungen etwa im Hinblick auf den statutengemäßen sachlichen oder örtlichen Tätigkeitsbereich - auf Umweltorganisationen, die gemäß § 19 Abs 7 UVP-G "zur Ausübung von Parteienrechten in Niederösterreich befugt" sind. Damit nimmt der Gesetzgeber unmissverständlich auf den im Grunde des § 19 Abs 7 UVP-G erfolgten bescheidmäßigen Abspruch über die Erfüllung der Kriterien des § 19 Abs 6 UVP-G und die Festlegung, in welchen Bundesländern die UO zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist, Bezug.

Es ist den Materialien (Ltg.-506/A-1/30-2018) der Novelle des NÖ NSchG 2000 LGBl 2019/26 nicht zu entnehmen, dass eine zur Ausübung von Parteirechten in Niederösterreich befugte UO (als Teil der „betroffenen Öffentlichkeit“ iS der Aarhus Konvention) einer weitergehenden Beschränkung ihrer Beschwerdebefugnis (etwa mit Blick auf deren statutengemäßen sachlichen oder örtlichen Tätigkeitsbereich) unterliegen sollte, als jener des Bestehens der Befugnis zur Ausübung von Parteirechten in NÖ gem § 19 Abs 7 UVP-G. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so kommt der UO ohne Einschränkungen im Hinblick auf deren statutengemäßen sachlichen oder örtlichen Tätigkeitsbereich grundsätzlich ein Beschwerderecht nach § 27c Abs 1 NÖ NSchG zu.

VwGH 23.05.2023, Ro 2022/10/0006


Keine Beeinträchtigung einer revisionswerbenden Umweltorganisation durch (Nicht-)Beiziehung weiterer Parteien 

§ 32 VwGG; 19 Abs 10 UVP-G

Eine Umweltorganisation kann nicht dadurch in ihren Rechten verletzt sein, dass das BVwG im Verfahren über einen von ihr gestellten Wiederaufnahmeantrag (nur) die Projektwerberin als weitere Partei beigezogen hat, nicht jedoch andere Parteien. Durch die (Nicht-)Beiziehung weiterer Parteien ist die UO in den ihr gemäß § 19 Abs 10 UVP-G eingeräumten Rechten, nämlich die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, nicht beeinträchtigt.

VwGH 12.06.2023, Ra 2023/06/0074



Betroffenenrechte und Parteistellung von anerkannten Umweltorganisationen im Abnahmeverfahren; Genehmigung von Abweichungen im Abnahmeverfahren

§ 17 Abs 2 bis 5, § 18 Abs 3, § 18b, § 19 Abs 1, 7 und 10, § 20 Abs 2 und 4 UVP-G; § 13 Abs 8 AVG

Anerkannte Umweltorganisationen (UO) haben im Abnahmeverfahren Parteistellung und es ist ihnen zum Ergebnis der Abnahmeprüfung und in Bezug auf die nachträgliche Genehmigung geringfügiger Abweichungen rechtliches Gehör einzuräumen. Eine UO kann im Abnahmeverfahren die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften geltend machen.

Die in § 20 Abs 4 zweiter Satz UVP-G vorgesehene Möglichkeit, nachträglich geringfügige Abweichungen genehmigen zu können, stellt eine Ausnahme von dem im ersten Satz formulierten Grundsatz, wonach die Beseitigung festgestellter Abweichungen aufzutragen ist, dar. Ausnahmen sind grundsätzlich restriktiv auszulegen. Diese Bestimmung ermöglicht es der Bauwerberin, Abweichungen weder beseitigen noch für diese ein eigenes Genehmigungsverfahren durchführen zu müssen. Diese Erleichterung darf aber nicht dazu führen, dass den von den Abweichungen Betroffenen Rechte vorenthalten werden, die sie im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens geltend machen könnten.
Im Verfahren nach § 20 UVP-G geht es nicht um die Frage, ob eine Abweichung von vornherein geplant war, sondern (nur) darum, ob das fertiggestellte Vorhaben der Genehmigung entspricht (vgl zur Abnahmeprüfung nach § 20 UVP-G etwa VwGH 3. 10. 2018, Ra 2018/07/0421, 0422, Rn 15). Das fertiggestellte Vorhaben ist somit in Relation zum ursprünglichen Genehmigungskonsens zu setzen; sollten sich dabei geringfügige Abweichungen zeigen, sind diese - bei Vorliegen der Voraussetzungen - ihrerseits "nachträglich" zu genehmigen.

Auch wenn sich in § 18 Abs 3 sowie § 20 Abs 4 UVP-G - anders als in § 18b letzter Satz UVP-G - kein Hinweis auf eine (allenfalls notwendige) Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und der UVP findet, ist auch für das Abnahmeverfahren nach § 20 UVP-G davon auszugehen, dass - wenn dies für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit von geringfügigen Abweichungen erforderlich ist - ein darauf gerichtetes Ermittlungsverfahren durchzuführen und die Ergebnisse der UVP diesbezüglich zu ergänzen sind.

Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Änderung im Hinblick auf die Genehmigungskriterien des § 17 Abs 2 bis 5 UVP-G sowie der Beurteilung der Geringfügigkeit einer Änderung handelt es sich - jedenfalls dem Grunde nach - um zwei voneinander getrennte Prüfschritte. 

Es kann für die Frage der Beurteilung der Geringfügigkeit einer Abweichung im Sinn des § 20 Abs 4 UVP-G auf die Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer nicht wesentlichen Antragsänderung gemäß § 13 Abs 8 AVG im Beschwerdeverfahren vor dem VwG zurückgegriffen werden. Da für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Antragsänderung im Sinn des § 13 Abs 8 AVG auf das Bewirken zusätzlicher oder neuer Gefährdungen abgestellt wird, ist es nicht zu beanstanden, wenn für die Beurteilung einer Abweichung als geringfügig (ua) die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVPG- berücksichtigt werden.

Eine nachträgliche Abänderung von Nebenbestimmungen durch einen Abnahmebescheid nach § 20 Abs 4 UVP-G würde ihre Rechtswirkungen erst ab Erlassung dieses Bescheides entfalten und somit nichts an der bis dahin erfolgten Nichteinhaltung der Nebenbestimmung ändern (vgl VwGH 3. 10. 2018, Ra 2018/07/0421, 0422, Rn 24). Daraus ergibt sich umgekehrt aber gerade nicht, dass die Nichteinhaltung einer Auflage der nachträglichen Genehmigung als geringfügige Abweichung dem Grunde nach entgegensteht.




Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes ist keine Immission 

§ 17 Abs 2 Z 2 UVP-G (idF BGBl I 2018/80); §§ 75, 77 GewO 1994

§ 17 Abs. 2 UVP-G 2000 kommt der Charakter eines Auffangregimes zu, das über alle Vorhabensgruppen des UVP-G 2000 hinweg einen Mindeststandard einzieht (vgl. VwGH 22.11.2018, Ro 2017/07/0033). Die dort geregelten Genehmigungskriterien gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich, soweit die Anforderungen nicht schon in den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen sind. Die Vorgaben des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 werden zum einen als Mindeststandards angesehen, die ein Vorhaben jedenfalls zu erfüllen hat. Zum anderen können sie auch verschärfend wirken, nämlich wenn eine im Sinn des Umweltschutzes strengere Anordnung des § 17 Abs. 2 leg. cit. eine schwächere Regelung des Materiengesetzes verdrängt.

Unter dem in § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 genannten Begriff der "Immission" ist jede Form einer Einwirkung zu verstehen, die von einem Vorhaben ausgeht und die die Schutzgüter des § 1 Abs. 1 Z 1 des UVP-G 2000 beeinträchtigen kann. Dieser Begriff umfasst auch die direkte Einwirkung auf den Boden, etwa in Form der Entfernung der Deckschicht und/oder der Versiegelung des Bodens, jedenfalls alle physischen Einwirkungen.

Mit § 17 Abs. 2 Z 2 lit. a und c UVP-G 2000 wurden die traditionellen gewerberechtlichen Nachbarschutzstandards (Gesundheits- und Belästigungsschutz, Schutz des Eigentums) als Mindeststandard verankert. Dadurch kommt der Bezug zur GewO 1994 zum Ausdruck. Die zu § 75 Abs. 1 GewO 1994 ergangene Rechtsprechung ist auf das UVP-G 2000 - konkret auf dessen § 17 Abs. 2 Z 2 lit. a - übertragbar (vgl. dazu etwa das in einem UVP-Genehmigungsverfahren für eine 380 kV-Leitung ergangene Erkenntnis VwGH 24.6.2009, 2007/05/0171). 

Die Übertragung dieser zur GewO 1994 ergangenen Rechtsprechung erstreckt sich aus folgenden Erwägungen nicht nur auf die (direkt an die GewO 1994 anknüpfenden) lit. a und c, sondern auch auf die lit. b des § 17 Abs. 2 Z 2 UVP-G 2000: Die im Einleitungssatz des § 17 Abs. 2 Z 2 UVP-G 2000 normierte Vorgabe, wonach die Immissionsbelastung möglichst gering zu halten ist und bestimmte Immissionen jedenfalls zu vermeiden sind, bezieht sich nämlich - vom Wortlaut her - auf die anschließenden drei Tatbestände lit. a bis c gleichermaßen. Der Begriff der "Immission" gilt daher auch für die lit. b. Zwar ist dort allgemeiner von "erheblichen Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen" die Rede und erfolgt zudem eine Erweiterung in Bezug auf die Schutzgüter. Dem Wortlaut bzw. dem Aufbau des § 17 Abs. 2 Z 2 UVP-G 2000 zu Folge stellen die angesprochenen Belastungen allerdings auch eine mögliche Form der im Einleitungssatz genannten Immissionen dar. Insoweit ist die Rechtsprechung zum Immissionsbegriff des gewerblichen Betriebsanlagenrechts auch auf § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 zu übertragen.

Im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 ist auf nichtphysische Einwirkungen - wie etwa die durch den Anblick einer Anlage hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Empfindens - nicht Bedacht zu nehmen. Der VwGH hat (schon wiederholt) Beeinträchtigungen des Empfindens durch einen bestimmten Anblick von physischen Einwirkungen abgegrenzt bzw. diesen nicht zugerechnet (vgl. VwGH 15.10.2003, 2002/04/0073, VwGH 1.7.2010, 2004/04/0166, bzw. VwGH 24.6.2009, 2007/05/0115, Pkt. 15; vgl. weiters zu Einwirkungen iSd § 364 Abs. 2 ABGB auch OGH 26.8.2008, 5 Ob 173/08i, Pkt. 13).

§ 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 findet auf Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes keine Anwendung.



Zur Darlegung einer Befangenheit von Sachverständigen; 
Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes keine Immission 

§ 7 AVG; § 17 Abs 2 Z 2 UVP-G (idF BGBl I 2018/80)

Zur Frage einer allfälligen Befangenheit von bereits im Behördenverfahren beigezogenen Sachverständigen hat der VwGH festgehalten, dass jeder Vorwurf einer Befangenheit konkrete Umstände aufzuzeigen hat, welche die Objektivität des Sachverständigen in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen. Weiters hat der VwGH festgehalten, dass keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Heranziehung von Amtssachverständigen in einem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren bestehen, und zwar selbst dann nicht, wenn ein Bediensteter der belangten Behörde, der bereits im Verfahren vor der Behörde als Sachverständiger tätig geworden ist, auch vom VwG in derselben Sache als Sachverständiger beigezogen wird. Dies gilt umso mehr für Amtssachverständige, die keine Bediensteten der belangten Behörde sind, sowie für nichtamtliche Sachverständige, die nicht organisatorisch in die Behörde eingegliedert sind (vgl VwGH 24. 05. 2022, Ra 2021/03/0167 bis 0276, Rn 124 und 127, mwN).
Mit einem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen sowie einem Hinweis darauf, dass der nichtamtliche Sachverständige die von seinem Gutachten abweichenden Ergebnisse in einer nachfolgenden, „erkennbar falschen“ Stellungnahme des Amtes der LReg als nachvollziehbar bezeichnet hat, wird der Vorwurf einer Befangenheit nicht ausreichend konkret iS der Rsp des VwGH dargelegt. 
§ 17 Abs 2 Z 2 lit b UVP-G 2000 findet auf Einwirkungen auf das Landschaftsbild durch eine Windkraftanlage keine Anwendung, weil Beeinträchtigungen des Orts- und Landschaftsbildes keine Immissionen iS dieser Gesetzesbestimmung sind (siehe VwGH 21. 12. 2023, Ro 2020/04/0018).



Kumulationsprüfung nicht auf gleichartige Vorhaben einzuschränken

§ 3 Abs 2 UVP-G idF BGBl I 2017/58 und § 3a Abs 6 UVP-G idF BGBl I 2018/80

            Die Revision macht eine mangelhafte Einzelfallprüfung durch Berücksichtigung bloß „gleichartiger“ Vorhaben seitens der belangten Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (mit Verweis auf VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0012) und den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 24. November 2022 in der Rechtssache des EuGH C-575/21 sei die Einzelfallprüfung nicht auf „gleichartige“ Vorhaben einzuschränken. Eine solche - vom Verwaltungsgericht vorgenommene --RL nicht vorgesehen und daher unionsrechtswidrig.

15       -

-

--- UVP-

-G 2000 festgelegten Aufgabe der UVP unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben a) auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, b) auf Boden, Wasser, Luft und Klima, c) auf die Landschaft und d) auf Sach- und Kulturgüter hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind."

Demnach ist bei der Einzelfallprüfung auf die Auswirkungen der für das Erreichen des Schwellenwerts der Spalten 2 und 3 des Anhangs 1 zum UVP--G 2000 (Merkmale und Standort des Vorhabens sowie Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt) und - bezogen auf die durch das Vorhaben betroffenen Schutzgüter - der von im räumlichen Zusammenhang stehenden Projekten ausgehenden Belastungen Bedacht zu nehmen. So führte der EuGH in seinem Urteil vom 11. Februar 2011 [richtig: 5], Marktgemeinde Strasswalchen u.a., C-nicht allein auf gleichartige Projekte beschränkt ist. In diese Vorprüfung ist einzubeziehen, ob die Umweltauswirkungen eines Projekts wegen der Auswirkungen anderer Projekte größeres Gewicht haben können als bei deren Fehlen (Rn. 45).

-G 2000 die Feststellung einer UVP-Pflicht auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung voraussetzt, dass aufgrund der Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, sind nur Vorhaben zu berücksichtigen, die insofern schutzgutbezogen im räumlichen Zusammenhang mit dem zu prüfenden Vorhaben stehen, als Wechselwirkungen ihrer Auswirkungen mit den Auswirkungen des zu prüfenden Vorhabens auf einzelne Schutzgüter im für die Umwelt erheblichen Ausmaß nicht von vornherein ausgeschlossen werden können.


Revision des Umweltanwalts bedarf als Amtsrevision keiner Angabe von "Revisionspunkten"; Prognoseentscheidung bei Gesamtbewertung nach § 17 Abs 5 UVP-G; Bestimmtheit von Auflagen

§ 17 Abs 4 und § 19 Abs 3 UVP-G;  Art 133 Abs 8 B-VG; § 28 Abs 1 Z 4 VwGG; § 59 Abs 1 AVG

Bei der Revision eines Umweltanwaltes handelt es sich um eine Amtsrevision (vgl. VwGH 9.9.2016, Ro 2014/02/0061, Rn. 27; VwGH 20.12.2017,Ra 2017/10/0139, Rn. 9). Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass der Umweltanwalt (grundsätzlich) über keine subjektiven Rechte verfügt, sondern Kompetenzen ausübt (vgl. VwGH 25. 4. 2013, 2012/10/0096, 15.3.2011, 2010/05/0205).
Der VfGH hat festgehalten, dass der als Partei fungierende Umweltanwalt nur formal Rechte ausübt, inhaltlich gesehen jedoch Kompetenzen wahrnimmt; ein Eingriff in die Rechtssphäre (dort als Voraussetzung für die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG) wurde vom VfGH für (insbesondere staatliche) Organe eines Rechtsträgers grundsätzlich verneint (vgl. VfGH 16.6.2004, G 4/04 u.a., VfSlg. 17.220, Pkt. 3.4.; VfGH 13.12.2017, E 3546/2017, Rn. 7, zum Kärntner Naturschutzbeirat). Bei den vom einfachen Gesetzgeber zu subjektiven Rechten erklärten öffentlichen Interessen bestimmter Verwaltungsbehörden einschließlich des Interesses an der Einhaltung von dem Umweltschutz dienenden Rechtsvorschriften handelt es sich somit nicht um "echte" subjektive Rechte, mit denen auch private Interessen bestimmter, spezifisch betroffener Einzelner geschützt werden; eine derartige Regelung liegt bei der durch § 19 Abs. 3 UVPG 2000 begründeten Rechtsposition nicht vor (vgl. erneut VfGH G 4/04 u.a.).
Die Revision eines Umweltanwaltes bedarf daher keiner Angabe des Revisionspunktes iS des § 28 Abs 1 Z 4 VwGG.

Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert die Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 5 UVPG 2000 im Hinblick auf die Beurteilung, ob schwerwiegende Umweltbelastungen "zu erwarten" sind, eine Prognoseentscheidung. Ganz allgemein sind Prognoseentscheidungen auf Grund von ausreichenden Sachverhaltsermittlungen - etwa schlüssigen Sachverständigengutachten - zu treffen (vgl. VwGH 20.12.2005, 2004/05/0138). Es ist eine Frage des Einzelfalls, auf Grund welcher Beweisergebnisse das VwG letztlich vom Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes überzeugt sein kann, wobei im Falle von Prognoseentscheidungen entsprechend darauf Bedacht zu nehmen ist, dass Aussagen über Zukünftiges naturgemäß mit einer gewissen (unterschiedlich starken) Unsicherheit behaftet sein müssen.
Die Gesamtbewertung nach § 17 Abs. 5 UVPG 2000 erfordert eine zusammenfassende Gesamtschau, die - unter Berücksichtigung aller Synergien, Überlagerungen, Kumulationseffekte etc. - die in den jeweiligen Teilgutachten fachlich-naturwissenschaftlich festgestellten Belastungen und Beeinträchtigungen der einzelnen Schutzgüter zu einem Gesamtbild der zu erwartenden Umweltauswirkungen zusammenführt. Die Gesamtbewertung setzt daher eine möglichst vollständige Einbeziehung aller vorhabensbedingten Umweltauswirkungen voraus, die dann in einen Gesamtkontext zu stellen, also in Summe und im Verhältnis zueinander zu beurteilen sind. Vor einer Sachentscheidung über einen Bewilligungsantrag hat daher eine Gesamtbeurteilung nach § 17 Abs. 5 UVPG 2000 zu erfolgen.
Eine auf § 17 Abs. 5 UVPG 2000 gestützte Abweisung eines Antrags setzt eine höhere Wahrscheinlichkeit des Eintretens schwerwiegender Umweltbelastungen voraus (vgl. VwGH 6.7.2010, 2008/05/0115, Pkt. 4.3.1., mwN).

Auflagen, die zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit der Betriebsanlage vorgeschrieben werden, müssen bestimmt und geeignet sein, was voraussetzt, dass sie einerseits dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen und andererseits die Möglichkeit der jederzeitigen aktuellen Überprüfung der Einhaltung der Auflagen gegeben ist (Hinweis E vom 24.2.2006, Zl. 2001/04/0153). Dies gilt nicht bloß für den durch die Auflage belasteten Konsensträger, sondern auch für die Partei, deren Rechte durch die Auflage geschützt werden sollen. Auch hinsichtlich einer solchen Partei widerspricht die Formulierung einer Auflage dem zuvor umschriebenen Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn ihr Inhalt auch unter Beiziehung eines Fachkundigen nicht verlässlich ermittelt werden kann (VwGH vom 20. November 2014, 2011/07/0244).




Einwand der UVP-Pflicht im Betriebsanlagenverfahren durch einen benachbarten Restaurantbetreiber

Art 1 Abs 2 UVP-RL; § 8 AVG; § 75 Abs 2 GewO 1994; § 3 Abs 7 UVP_G 2000

Der revisionswerbenden Partei käme als (nicht dinglich berechtigte - siehe dazu VwGH 21.6.2021, Ra 2021/04/0011) Betreiberin eines Autobahnrestaurants und damit als Inhaberin einer Einrichtung, in der sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, - aus rein innerstaatlicher Sicht - keine Nachbar- und Parteistellung nach der GewO 1994 zu, zumal der Aufenthalt von Kunden in einem Restaurant nicht durch eine für etwa Beherbergungsbetriebe typische Art der Inanspruchnahme gekennzeichnet, sondern eher mit dem Aufenthalt von Kunden in einem Handelsbetrieb vergleichbar ist.

-

21        Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof (in Zusammenhang mit der Parteistellung und dem Antragsrecht im UVP---

22       --Richtlinie geltend machen kann, auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken, das heißt auf individuelle Rechte, die nach dem nationalen Recht als subjektiv--570/13, Karoline Gruber).

23        --
VwGH 21.12.2023, Ra 2020/04/0143






Sonntag, 23. April 2023

UVP-Verfahren im (Auf-)Wind?

 Als Teil des von der Bundesregierung beschlossenen „Energiepakets“ ist am 23. März 2023 die novellierte Fassung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G 2000) in Kraft getreten. Die vom Gesetzgeber mit dieser Novelle – der ersten Novelle des UVP-Gesetzes seit 2018 – verfolgten Ziele sind Erleichterungen für die Genehmigung von Vorhaben der Energiewende, eine Steigerung der Verfahrenseffizienz und die Herstellung der Konformität mit Unionsrecht und aktueller Rechtsprechung.

Von Wolfgang Berger / Oliver Schmidinger


Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung

Um der oftmals kritisierten überlangen Verfahrensdauer bei UVP-Verfahren und den Verzögerungen auch bei der Genehmigung von Vorhaben der Energiewende gegenzusteuern, finden sich nun durchaus effektive Gegenmaßnahmen im UVP-G:

Es ist der Behörde nunmehr ausdrücklich erlaubt, aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis die mündliche Verhandlung ganz oder teilweise online abzuhalten. Es können angemessene Fristen für weiteres Vorbringen gesetzt werden, wobei die Säumnis zur Präklusion für das gesamte Verfahren führt. Überdies setzt der Gesetzgeber der Problematik der Änderung des Standes der Technik während des laufenden Verfahrens insofern ein Ende, als der Stand der Technik mit dem „Zeitpunkt des Beginns der öffentlichen Auflage“ eingefroren wird („Freezing“). Auch das Verbot der Berücksichtigung von missbräuchlich oder unredlich erst im Beschwerdeverfahren erstattetem Vorbringen, das bereits im behördlichen Verfahren hätte vorgebracht werden können, wurde nachgeschärft, womit das Rechtsmittelverfahren eine Beschleunigung erfahren soll.

Eine wesentliche Neuerung für Änderungsverfahren ist, dass nun im UVP-G generell geregelt ist, dass geplante Anlagenänderungen einer Anzeigepflicht unterliegen, wenn sie immissionsneutral sind oder eine technologische Weiterentwicklung mit nicht erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Schutzgüter darstellen und den Ergebnissen der UVP nicht widersprechen. Der Anzeige ist die Bestätigung eines Ziviltechnikers oder Ingenieursbüro beizulegen. Sollte die Behörde binnen vier Wochen ab Einlangen der Anzeige kein Änderungsverfahren einleiten, so sind die Änderungen nicht genehmigungspflichtig („grünes Licht für den Baubeginn“).

Vorhaben der Energiewende und ihre Privilegien

Um die dringend benötigten Vorhaben, die dem Klimawandel entgegenwirken, schneller umsetzen zu können, sieht die UVP-Novelle Privilegien für Vorhaben der Energiewende vor. 

Deren Legaldefinition (§ 7 Abs 2 UVP-G) lässt erkennen, dass diese einen möglichst breiten Anwendungsbereich haben sollen. Es sind etwa auch andere Vorhaben, die nicht selbst der Energieerzeugung dienen, aber notwendige Voraussetzung für den Ausbau darstellen, erfasst und es zählen ausdrücklich auch "Projekte des Eisenbahnausbaus nach § 23b oder der Z 10 des Anhanges 1" zu diesen privilegierten Vorhaben. Damit sind nicht nur Energievorhaben, sondern auch Hochleistungsstrecken der ÖBB, andere UVP-pflichtige Eisenbahnvorhaben und der U-Bahn-Ausbau "Energiewende-Vorhaben" im Sinne des UVP-G. 

Ausdrücklich enthält das UVP-Gesetz nun das Bekenntnis, dass Vorhaben der Energiewende als in hohem öffentlichen Interesse stehend gelten. Auch wenn damit noch keine umfassende Umsetzung der NotfallVO (EU) zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien vom 22. Dezember 2022 erfolgte (hierfür sollen eigene Bestimmungen über die generelle Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus erlassen werden – EABG; siehe unten), ist diese Bestimmung eine wesentliche Vordeterminierung für die Interessenabwägung bei UVP-Vorhaben.

Zu den hervorzuhebenden Privilegien für den Erneuerbaren- und Energiewende-Ausbau im UVP-G zählen weiters:

  • der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Beschwerdeverfahren, wenn im Rechtsmittel die Rechtsverletzung vom Beschwerdeführer nicht hinreichend konkret begründet wurde (Verhinderung von „Schablonenbeschwerden“);
  • der Ausschluss der Möglichkeit zur Antragsabweisung ausschließlich aufgrund von Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds, wenn im Rahmen der Energieraumplanung eine strategische Umweltprüfung durchgeführt wurde (Verhinderung von Doppelprüfungen).

Windkraft – ein verfassungsrechtliches Kunstwerk

Entsprechend der verfassungsrechtlichen Ermächtigung zur Bedarfsgesetzgebung und ähnlich dem Vorgehen im MinroG-Regime, hat der Bundesgesetzgeber mittels dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) die Länder zum Erlass eines überörtlichen Windenergieraumplans und zur Konkretisierung des Flächenwidmungsplans gemeinsam mit den Gemeinden verpflichtet. In den in der überörtlichen Planung ausgewiesenen Zonen dürfen unter Wahrung der Rechte Dritter, öffentlicher Interessen und Unionsrecht jedenfalls Windkraftanlagen errichtet werden, auch wenn die erforderliche Konkretisierung auf der örtlichen Planungsebene (Flächenwidmung) fehlen sollte. Fehlt in einem Bundesland auch eine aktuelle überörtliche Windenergieraumplanung, so soll auch dies der Genehmigung einer Anlage nicht entgegenstehen, wenn die Zustimmung der Standortgemeinde vorliegt, auf deren Gemeindegebiet die Fundamente der Windkraftanlagen errichtet werden sollen.

Ausblick – EABG Mit dem erst zu erlassenden Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) soll künftig zu Gunsten von Vorhaben der Energiewende ein einheitliches bundesrechtliches Verfahrensregime kommen. Ziel ist es für alle Vorhaben, die der Energiewende dienen, auch wenn sie unterhalb der Schwelle zur UVP-Pflicht liegen, ein konzentriertes Genehmigungsverfahren (One-Stop-Shop) zu schaffen. Ähnlich dem UVP-G und dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG 2002) sollen auch Regelungen über zentrale Kundmachungen, Sachverständigen-Pools und Energieraumplanung (Go-To-Areas) darin Eingang finden

Quelle: Website Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH

Dienstag, 7. März 2023

Am Mittwoch, 8. März 2023, 16:45 Uhr, SEM 43, beginnt die Lehrveranstaltung

030776 KU Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Anmeldung ist grundsätzlich bereits abgeschlossen. Da noch Plätze verfügbar sind, ist eine persönliche Anmeldung auch noch beim ersten Termin am 8. März 2023, 16:45 Uhr möglich. 

Details

max. 40 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrender

Termine 

Mi15.03.16:45 - 19:15Seminarraum U 22     Schottenbastei 10-16, Juridicum  2.UG
Mi21.03.16:45 - 19:15Seminarraum U 22     Schottenbastei 10-16, Juridicum, 2.UG
Mi28.03.16:45 - 19:15Seminarraum U 21     Schottenbastei 10-16, Juridicum, 2.UG
Mi31.03.10:00 - 12:30Seminarraum U 12     Schottenbastei 10-16, Juridicum, 1. UG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Ziel der Lehrveranstaltung ist das Erlernen der wesentlichen rechtlichen Aspekte sowohl des Unionsrechtes als auch des österreichischen Rechts für die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren. Dabei wird neben dem Unionsrecht und dem österreichischen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz samt dazugehörigem Verfahrensrecht auch die Aarhus Konvention und deren Bedeutung für das UVP-Verfahren behandelt.
Anhand der Lernunterlage des Vortragenden und den maßgeblichen Gesetzestexten werden die Rechtsvorschriften und die Rechtsprechung zum UVP-Verfahren dargestellt und mit den Studierenden erörtert.
In einer schriftlichen Klausur sollen die Studierenden das erlernte Wissen und Können wiedergeben.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

eine schriftliche Klausur
Hilfsmittel: unkommentierte Gesetzesausgaben (ohne Anmerkungen oder Verweisen)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

positive Beurteilung der Klausur; in Zweifelsfällen kann auch die mündliche Mitarbeit (ausschließlich im positiven Sinne) herangezogen werden

Prüfungsstoff

Vortrag, Diskussion

Literatur

    Christian Baumgartner; Waltraud Petek, UVP-G (2010)
    Dieter Altenburger; Wolfgang Berger, UVP-G, 2. Auflage (2010)
    Christian Schmelz; Stephan Schwarzer, UVP-G-ON (2011 ff)
    Wilhelm Bergthaler; Daniel Ennöckl; Nicolas Raschauer, UVP-G, 3. Auflage (2013)
    Dieter Altenburger; Wolfgang Berger, UVP-G, in: Altenburger (Hrsg), Kommentar zum               Umweltrecht Band 1, 2. Auflage (2019)
    Nicolas Raschauer; Daniel Ennöckl, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), in: Ennöckl /             Raschauer / Wessely, Handbuch Umweltrecht, 3. Auflage (2019)
    Stefan Lampert, UVP-G (2020) 


    Gerhard Schnedl, Umweltrecht (2020)
    Manuel Aigner u.a., Besonderes Verwaltungsrecht (2020)
    Claudia Fuchs, Florian Graber u.a. (Hrsg), Einführung in das Umweltrecht (2022)
    S. Bachmann, G. Baumgartner u.a. (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht (2022)

Montag, 6. März 2023

Rechtsprechung des VwGH zur UVP 2022

Eigenständige Bedeutung des Begriffs "Abfallbeseitigung" und "Abfallbeseitigungsanlagen" in der UVP-Richtlinie; Erfassung von Abfallzwischenlagern in Anh 1 Z 2 UVP-G aufgrund richtlinien-konformer Auslegung

§ 1 Abs 2, § 2 Abs 2, § 3 Abs 2 und 7, § 3a Abs 1 bis 3, Anh 1 Z 2 UVP-G 2000
Art 2 Abs 1, Anh 1 Z 9 und 10 UVP-RL

Nach stRsp (vgl etwa VwGH 19.6.2018, Ra 2017/03/0104, mwN) sind gesetzliche Bestimmungen, die in Umsetzung einer unionsrechtlichen RL erlassen wurden, so weit wie möglich im Lichte des Wortlauts und des Zweckes dieser RL auszulegen und anzuwenden, um das mit ihr angestrebte Ziel zu erreichen. Im Zweifel ist daher ein Tatbestand des Anh 1 zum UVP-G 2000 richtlinienkonform auszulegen.

Bei der Auslegung der RL-Tatbestände des Anh II der UVP-RL ist zu berücksichtigen, dass diese RL einen ausgedehnten Anwendungsbereich und einen sehr weitreichenden Zweck hat (vgl etwa EuGH 24.11.2016, Bund Naturschutz in Bayern, C-645/15, Rn 23, mwN). Art 2 Abs 1 der UVP-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Projekte, bei denen insb aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen zu unterziehen. Insofern knüpft diese RL somit an eine Gesamtbewertung der Auswirkungen von Projekten oder deren Änderung auf die Umwelt an (vgl auch das U EuGH 24.11.2016, Kommission/Spanien, C-461/14, Rn 48, mwN).

Die Lagerung von Abfall wird in der Abfallrahmen-RL in den Definitionen sowohl der Beseitigungs- als auch der Verwertungsverfahren ausdrücklich erwähnt (vgl EuGH 25.6.1998, C-192/96, Beside BV und I.M. Besselsen). Dabei ist zwischen der "zeitweiligen Lagerung" und der "Zwischenlagerung" zu unterscheiden. Die Zwischenlagerung ist Bestandteil der Beseitigung oder Verwertung von Abfällen, während die zeitweilige Lagerung bis zum Einsammeln hiervon ausdrücklich ausgeschlossen ist (vgl EuGH 5.10.1999, C-175/98 ua, Lirussi und Bizzaro; vgl auch VwGH 21.10.2004, 2004/07/0130).

Die Zwischenlagerung ist potentiell als Bestandteil der Beseitigung oder Verwertung von Abfällen zu qualifizieren, je nachdem, ob sie einer Beseitigung oder einer Verwertung vorangeht. Sie ist somit vom Begriff der Abfallbeseitigungsanlage iSd UVP-Richtlinie umfasst, dem eine eigenständige Bedeutung zukommt. Er umfasst die Gesamtheit der Vorgänge, die entweder zur Beseitigung der Abfälle im engen Wortsinn oder zu deren Verwertung führen.

Sind auch der Beseitigung oder Verwertung vorgelagerte Vorgänge vom Begriff der Abfallbeseitigungsanlage umfasst, so trifft dies nach diesem weiten Begriffsverständnis grundsätzlich auch auf eine bis zur Anwendung der Beseitigung oder Verwertung erfolgende Zwischenlagerung zu. Das VwG hat daher in Verkennung der Rechtslage Zwischenlagerungen als nicht unter den in der UVP-RL verwendeten Begriff der Abfallbeseitigungsanlagen fallend unberücksichtigt gelassen. Es wäre aber zu beurteilen gewesen, ob Österreich durch die nicht ausdrückliche Berücksichtigung von Zwischenlagern im Anh 1 UVP-G 2000 seinen Ermessensspielraum iSd Ausführungen des EuGH im U v 21.3.2013, C-244/12, Salzburger Flughafen GmbH (vgl EuGH 24.10.1996, C-72/95, Kraaijeveld BV ua; 16.9.1999, C-435/97, WWF ua) überschritten hat oder Anhang 1 Z 2 UVP-G 2000 richtlinienkonform ausgelegt werden kann.

Gegenstand des Feststellungsverfahrens gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 ist die Klärung der Frage, ob für ein Vorhaben eine UVP durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anh 1 oder des § 3a Abs 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Was unter einem Vorhaben iS des UVP-G 2000 zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs 2 UVP-G 2000 (vgl VwGH 29.3.2017, Ro 2015/05/0022; 21.12.2017 Ro 2015/06/0018).

VwGH 29. 3. 2022, Ro 2020/05/0022


Tötung von Wildtieren – Berücksichtigung des Zwecks der durch die nationalen Schutzbestimmungen umgesetzten RL

§ 10 Abs 2 NÖ NSchG 2000; § 30 Abs 2 VwGG

Bei der Beurteilung des Vorliegens eines unverhältnismäßigen Nachteils gem § 30 Abs 2 VwGG ist bei Tötung von Wildtieren, die durch die FFH-RL und die Vogelschutz-RL bzw durch die diese umsetzenden nationalen Bestimmungen geschützt werden, vordergründig der Zweck der durch die nationalen Schutzbestimmungen umgesetzten Richtlinien, nämlich der Artenschutz und die Arterhaltung zu berücksichtigen. Als Hauptziele der Vogelschutz-RL sind derart die Erhaltung der Gesamtpopulation und die Vermeidung der Ausrottung der geschützten Vogelarten anzusehen. Ausgehend von dieser Rechtslage und auf Basis der Feststellungen des VwG, wonach der Erhaltungszustand der Gesamtpopulation durch das vorliegende Projekt nicht gefährdet sei, vermag mit dem Vorbringen, der Tötungstatbestand sei individuenbezogen zu beurteilen und es werde der Tatbestand des Verbots der absichtlichen Tötung verletzt, kein unverhältnismäßiger Nachteil im genannten Sinn geltend gemacht zu werden.

VwGH 14. 4. 2022, Ra 2021/10/0111


Schienenverkehrslärm–Immissionsschutzverordnung (SchIV 1993) normiert als besondere Immissionsschutzvorschrift im Sinne des § 24f Abs 2 UVP-G 2000 idF BGBl I Nr 87/2009 Mindeststandards, die – wenn zwingend notwendig - aufgrund des UV-Gutachtens zu unterschreiten sind;
Projektwerber kann vor Rechtskraft der Grundsatzgenehmigung bereits Detailgenehmigung beantragen;
eine Grundsatzgenehmigung nach § 24f Abs 9 UVP-G 2000 darf mit Nebenbestimmungen verknüpft werden;
keine gesetzliche Verpflichtung zur Wahl der im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit optimalen Trassenvariante; Projektwerberin muss keine alternative Bauausführungen prüfen; sondern im Rahmen der Alternativenprüfung nach § 6 Abs 1 Z 2 UVP-G 2000 vor allem Standortvarianten untersuchen;
zu Unrecht unterbliebene Durchführung einer SUP kann Unionsrechtswidrigkeit des Plans und auch einer Projektgenehmigung nach sich ziehen;
ein konkretes Vorhaben, das aufgrund der UVP-Richtlinie einer UVP zu unterziehen ist und welches keinen Rechtsakt zur Durchführung für weitere darauf aufbauende Vorhaben bildet, ist kein Plan und kein Programm iSd SUP-Richtlinie

§ 1 Abs 1 Z 3 und 4, § 6 Abs 1 Z 2, §§ 17, 18 Abs 1, §§ 24, 24f UVP-G 2000;
Art 5 Abs 1 lit d, Anh IV Z 2 UVP-RL;
§§ 1, 3 und 5 HlG 1989;
§ 2 Abs 4 SchIV 1993;
§ 39 Abs 2 AVG

Genehmigungen dürfen nach § 24f Abs 1 Z 2 lit a und c UVP-G 2000 ua nur dann erteilt werden, wenn die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering gehalten wird, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn gefährden (lit a), und solche, die zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn im Sinne des § 77 Abs 2 GewO 1994 führen (lit c). Bestehen besondere Immissionsschutzvorschriften, so sind insoweit die Gefährdung im Sinne des § 24f Abs 1 Z 2 lit a leg cit und die Zumutbarkeit einer Belästigung im Sinne des § 24f Abs 1 Z 2 lit c leg cit nach diesen Vorschriften zu beurteilen (vgl VwGH 20.12.2016, Ro 2014/03/0035).

Bei der Schienenverkehrslärm–Immissionsschutzverordnung (SchIV 1993) handelt es sich um eine besondere Immissionsschutzvorschrift im Sinne des § 24f Abs 2 UVP-G 2000 idF BGBl I Nr 87/2009, weshalb die Zumutbarkeit der Belästigung von Nachbarn nach § 24f Abs 1 Z 2 UVP-G 2000 anhand der Vorgaben der SchIV 1993 zu beurteilen ist (vgl VwGH 9.9.2015, 2013/03/0120; 20.12.2016, Ro 2014/03/0035, VwSlg 19508 A/2016).

Die Immissionsgrenzwerte nach der SchIV 1993 hängen vom jeweiligen Beurteilungspegel Lr vor Realisierung der baulichen Maßnahmen ab, wobei es sich bei dem für die Beurteilung des Schienenverkehrslärm maßgeblichen Beurteilungspegel Lr gemäß der Definition in § 2 Abs 4 SchIV um den um fünf dB verminderten A-bewerteten energieäquivalenten Dauerschallpegel LA,eq handelt ("Schienenbonus"). Die SchIV 1993 stellt in ihren Bestimmungen nicht auf mittlere Spitzenpegel oder absolute Spitzenpegel ab.

Bei den Grenzwerten der SchIV 1993 handelt es sich auf dem Boden der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts um Mindeststandards, deren Unterschreitung im Einzelfall geboten sein kann. Die Unterschreitung der in der SchIV 1993 normierten Grenzwerte setzt voraus, dass im Rahmen des dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verwaltungsverfahrens Anhaltspunkte hervorkommen, die eine derartige Unterschreitung der Grenzwerte indizieren und rechtfertigen, wobei davon insbesondere dann auszugehen ist, wenn die im Verwaltungsverfahren beigezogenen UVP-Sachverständigen eine derartige Unterschreitung für zwingend notwendig erachten. In einem derartigen Fall kann den Ergebnissen der UVP nicht durch einen bloßen Hinweis auf die Grenzwerte der SchIV 1993 begegnet werden, würde dadurch das vorangegangene UVP-Verfahren doch seinen Zweck verfehlen (vgl VwGH 22.10.2012, 2010/03/0014; 28. 11.2013, 2012/03/0045); 9.9.2015 VwSlg 19182 A/2015, 2013/03/0120]

§ 18 Abs 1 und § 24f Abs 9 UVP-G 2000 ermöglichen der Behörde, vorerst über die grundsätzliche Umweltverträglichkeit des Vorhabens abzusprechen. Eine ausdrückliche Bestimmung, dass bei dieser Entscheidung Nebenbestimmungen vorgeschrieben werden könnten, enthalten diese Regelungen zwar nicht. Allerdings deutet auch nichts darauf hin, dass die bei der vorzunehmenden "Entscheidung" (vgl § 17 bzw § 24f UVP-G 2000) im einheitlichen, also nicht aufgespaltenen Verfahren im Gesetz explizit genannten Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen, Projektmodifikationen; vgl § 17 Abs 5 bzw § 24f Abs 5 UVP-G 2000) nicht auch im Verfahren über die Grundsatzgenehmigung herangezogen werden könnten. Schon Systematik und Regelungsziel des Gesetzes machen deutlich, dass auch die Grundsatzgenehmigung nach § 24f Abs 9 UVP-G 2000 mit Nebenbestimmungen verknüpft werden darf.

Die dem § 18 UVP-G 2000 nachgebildete Regelung des § 24f Abs 9 UVP-G 2000 ermöglicht über Antrag des Projektwerbers eine Aufspaltung in Grundsatz- und Detailgenehmigungsverfahren, wobei im Grundsatzgenehmigungsverfahren über die grundsätzliche Umweltverträglichkeit (vor den Novellen 2017 bzw. 2018: die grundsätzliche Zulässigkeit) abzusprechen ist, ohne spätere Detailfragen klären zu müssen. Die Regelung dient erkennbar der Verfahrensökonomie, sie begrenzt nicht nur den Umfang der vom Projektwerber beizubringenden Unterlagen und vermindert die Detailtiefe der Vorhabensbeschreibung, sondern reduziert auch die Komplexität des Verfahrens und ermöglicht die Vermeidung unnötigen Verfahrensaufwands.

Voraussetzung für die Verfahrensaufspaltung in Grundsatz- und Detailgenehmigung ist ein darauf abzielender Antrag des Genehmigungswerbers, womit (auch) der Umfang der von ihm beizubringenden Unterlagen begrenzt wird. Die Entscheidung über diesen Antrag ist von der Behörde unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu treffen. Kommt die Behörde dem Antrag insoweit nach und entscheidet also zunächst (nur) über die grundsätzliche Umweltverträglichkeit, wird damit auch die "Sache" eines - späteren - Beschwerdeverfahrens begrenzt (vgl zur Begrenzung der Sachentscheidungsbefugnis eines VwG etwa VwGH 31.1.2017, Ra 2015/03/0066, mwN). Auch das VwG kann daher - ungeachtet einer etwaigen zwischenzeitigen Verfahrensfortführung durch den Projektwerber, der nach der behördlichen Entscheidung über die Grundsatzgenehmigung bereits eine Detailgenehmigung beantragt - nur über die von der Behörde erteilte Grundsatzgenehmigung absprechen. Diese wird nicht etwa dadurch unzulässig, dass vom Projektwerber bzw der Behörde das Verfahren zur Erteilung der Detailgenehmigung (nach Erstellung der dafür nötigen Unterlagen) weitergeführt wird, zumal eine (bloße) Aufhebung der Grundsatzgenehmigung und Zurückverweisung der Sache erst recht wieder eine neue Entscheidung über grundsätzliche Gesichtspunkte der Umweltverträglichkeit des Vorhabens erfordern würde.

Die Verpflichtung zur Darstellung von Alternativvarianten in der UVE ergibt sich - in Übereinstimmung mit den Vorgaben der UVP-RL - aus § 6 Abs 1 Z 2 UVP-G 2000 (der gem § 24 Abs 7 UVP-G 2000 auch im Fall eines UVP-Verfahrens betreffend eine Eisenbahn-Hochleistungsstrecke anzuwenden ist); vgl VwGH 28.11.2013, 2011/03/0219, VwSlg 18744 A/2013.

Im Rahmen der Alternativenprüfung nach § 6 Abs 1 Z 2 UVP-G 2000 sind v.a. Standortvarianten zu untersuchen. Nicht zu prüfen sind alternative umweltpolitische Gesamtkonzepte und gesamtstaatliche Fragen des Umweltschutzes, wie zB die Nutzung von Wind- statt Wasserkraft zur Energiegewinnung. Ebenso ist in diesem Rahmen nicht zu untersuchen, ob ein Vorhaben etwa bei einer konsequenten Energiesparpolitik vermeidbar wäre. [vgl VwGH 2013/07/0215, 24.7.2014 VwSlg 18893 A/2014]

Nach der Rechtsprechung des EuGH in seinem Urteil vom 7. November 2018, C-461/17, Holohan ua, wird von der UVP-Richtlinie "nicht verlangt, dass die wichtigsten geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten einer Umweltverträglichkeitsprüfung wie für das ausgewählte Projekt unterzogen werden müssten" (vgl Rn 66). Aus diesem Urteil kann daher nicht der Schluss gezogen werden, im Rahmen des UVP-Genehmigungsverfahrens über das vom Projektwerber eingereichte Vorhaben müsste geprüft werden, ob andere Varianten des Vorhabens umweltverträglicher seien als die vom Projektwerber eingereichte.

Aus § 1 Abs 1 Z 3 und 4 UVP-G 2000 folgt eine Verpflichtung des die Erlassung der Trassenverordnung durch die Behörde vorbereitenden Eisenbahnunternehmens "die Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Alternativen sowie die umweltrelevanten Vor- und Nachteile des Unterbleibens des Vorhabens" sowie "bei Vorhaben, für die gesetzlich die Möglichkeit einer Enteignung oder eines Eingriffs in private Rechte vorgesehen ist, die umweltrelevanten Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- und Trassenvarianten darzulegen". Diese Darlegung der umweltrelevanten Vor- und Nachteile geprüfter Trassenvarianten dokumentiert einen umweltbezogenen Auswahlprozess, zur Begründung des zur Genehmigung eingereichten Vorhabens. Dem Projektwerber ist aber die Entscheidung über die letztendlich gewählte und der Umweltverträglichkeitsprüfung zugrunde gelegte Trasse freigestellt.

Der VfGH hat (im Rahmen eines Prüfungsverfahrens betreffend eine Trassenverordnung) ausgesprochen, dass sich weder aus dem HlG noch aus dem UVP-G 2000 eine gesetzliche Verpflichtung zur Wahl der im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit optimalen Trassenvariante ableiten lässt. Die Grundlage für die Erlassung einer Trassenverordnung besteht in einem bestimmten, vom Eisenbahnunternehmen nach Maßgabe der Erfordernisse einer leistungsfähigen und wirtschaftlichen Eisenbahn geplanten Trassenprojekt, bei dessen Erstellung auf das Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung Bedacht zu nehmen ist, ohne dass daraus jedoch ein Vorrang für Projekte ableitbar wäre, bei denen unter Hintanstellung der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit ausschließlich auf die bestmögliche Umweltverträglichkeit abgestellt würde (vgl VfGH 13.12.2007, V87/06).

Es trifft zwar zu, dass gemäß § 1 Abs 1 Z 4 UVP-G 2000 im Fall der Möglichkeit einer Enteignung die vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- oder Trassenvarianten darzustellen sind. Der VwGH führte jedoch bereits aus, dass § 1 Abs 1 Z 3 und Z 4 UVP-G 2000 eine bloß programmatische Bestimmung darstelle, die die Aufgaben der UVP festlege und als Interpretationshilfe diene (vgl VwGH 27.3.2018, Ra 2017/06/0232, Rn 9). § 1 Abs 1 Z 3 und Z 4 oder § 6 Abs 1 Z 2 UVP-G 2000 verlangten ebenso wie Art 5 Abs 1 lit d iVm Anhang IV Z 2 der Richtlinie 2011/92/EU nur Angaben über die vom Projektwerber geprüften Standort- oder Trassenvarianten (UVP-G 2000) bzw Lösungsmöglichkeiten (Richtlinie 2011/92/EU). Einer Auslegung, wonach die Projektwerberin auch alternative Bauausführungen zu prüfen habe, steht der klare Wortlaut sowohl des UVP-G 2000 als auch der Richtlinie 2011/92/EU entgegen (vgl VwGH 27.3.2018, Ra 2017/06/0232, Rn 9); [27.09.2018, Ro 2018/06/0006).

Die zu Unrecht unterbliebene Durchführung einer SUP betreffend einen Plan kann nicht nur die Unionsrechtswidrigkeit des Plans, sondern - jedenfalls dem Grunde nach - auch diejenige einer Projektgenehmigung nach sich ziehen. Die in diesem Zusammenhang angerufenen Gerichte müssen auf der Grundlage ihres nationalen Rechts Maßnahmen zur Aussetzung oder Aufhebung des unter Verstoß gegen die Pflicht zur Durchführung einer SUP erlassenen Plans oder Programms ergreifen. Den unionsrechtlichen Vorgaben kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen UVP-Genehmigung unter Aussetzung eines gegebenenfalls SUP-pflichtigen Plans geprüft wird. Die Aussetzung hat in der Form zu erfolgen, dass der allenfalls unionsrechtswidrige Plan bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der UVP-Genehmigung unangewendet und somit außer Betracht zu bleiben hat bzw nicht als Grundlage heranzuziehen ist. Maßgeblich ist, ob die UVP-Genehmigung auch ohne Anwendung des Plans Bestand haben kann (vgl VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 ua).

Bei einem konkreten Vorhaben, das aufgrund der UVP-Richtlinie einer UVP zu unterziehen ist und welches keinen Rechtsakt zur Durchführung für weitere darauf aufbauende Vorhaben bildet, handelt es sich um keinen Plan und kein Programm iSd SUP-Richtlinie (vgl zum Verhältnis zwischen SUP- und UVP-Pflicht und den Konsequenzen einer gegebenenfalls zu Unrecht unterlassenen SUP für den Bestand einer UVP-Genehmigung VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 ua).

VwGH24. 5. 2022, Ra 2021/03/0167 (zur Entscheidung verbunden: Ra 2021/03/0168 bis 0273, 0274, 0275, 0276) - ÖBB, viergleisiger Ausbau der Westbahn, Abschnitt Linz-Marchtrenk


Rechtskräftige Feststellung nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 erzeugt Bindung für alle relevanten Verfahren; Abgrenzung eines Vorhabens iS des § 2 UVP-G 2000 jeweils im Einzelfall zu beurteilen

§§ 2, 3 Abs 7, § 3a Abs 1 bis 3 UVP-G 2000; Art 133 Abs 4 B-VG

Eine rechtskräftige Feststellung nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 erzeugt Bindung für alle relevanten Verfahren (vgl VwGH 17. 5. 2001, 99/07/0064). 

Die Durchführung eines solchen Feststellungsverfahrens kann sowohl anhand eines bereits ausgearbeiteten und der Behörde zur Entscheidung vorliegenden Genehmigungsantrages als auch in einem früheren Stadium erfolgen. Im letztgenannten Fall sind aber vom Projektwerber/von der Projektwerberin die Angaben und Unterlagen über das Vorhaben vorzulegen und in jenem Maß zu konkretisieren, wie dies zur Beurteilung des Verfahrensgegenstandes, di die Frage, ob für das vorgesehene Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anh 1 oder des § 3a Abs 1 bis 3 durch das/die Vorhaben verwirklicht wird, notwendig ist (vgl hiezu US 16. 9. 1999, US 9/1999/1-35). 

Da im Feststellungsverfahren entschieden wird, ob im Genehmigungsverfahren das UVP-G 2000 oder die Materiengesetze alleine zur Anwendung kommen, hat die Prüfung für das durch die vorgelegten Projektsunterlagen definierte Projekt zu erfolgen. Denkmögliche, durch die Projektsbeschreibung nicht gedeckte Varianten sind von der Behörde in diesem Zusammenhang nicht zu beurteilen (vgl US 23. 5. 2001, US 5A/2001/3-14; zur Frage der Grenzen der Verbindlichkeitswirkung einer Feststellung gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 s auch US 7. 1. 2003, US 1A/2002/4-22; vgl VwGH 7. 9. 2004, 2003/05/0218 VwSlg 16431 A/2004 RS 7).

Die Abgrenzung eines Vorhabens iS des § 2 UVP-G 2000 ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Die Zulässigkeit einer Revision gegen eine Feststellung gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 könnte sich daher nur ergeben, wenn in der Zulässigkeitsbegründung substantiiert aufgezeigt wird, dass die diesbezügliche Beurteilung des BVwG grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl VwGH 25. 9. 2019, Ra 2019/05/0117, Rn 9, mwN, zur Auslegung des Tatbestandes des Städtebauvorhabens gem Anh 1 Z 18 lit b UVP-G 2000; 22. 12. 2020, Ra 2020/06/0199 RS 1).

VwGH 30. 5. 2022, Ra 2020/06/0251, 0252 


Gegenstand des UVP-Feststellungsverfahrens; Umfang enes Vorhabens: Abgrenzung der UVP-Genehmigung von der Festlegung eines Wasserschutzgebiets; Umfang der Sperrwirkung (§ 3 Abs 6 UVP-G) 

§ 2 Abs 2 und 3, § 3 Abs 6 und 7, § 3a Abs 1-3, § 17 Abs 1 UVP-G 2000;
§ 34 Abs 1 WRG 1959;
§ 13 Abs 1 AVG

Gegenstand des Feststellungsverfahrens gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000 ist die Klärung der Frage, ob für ein Vorhaben eine UVP durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anh 1 oder des § 3a Abs 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Was unter einem Vorhaben im Sinn des UVP-G 2000 zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs 2 UVP-G 2000 (vgl VwGH 29.3.2017, Ro 2015/05/0022).

Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass sich das Vorhaben nicht auf die jeweilige technische Anlage beschränkt, sondern auch alle mit dieser in ihrem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Maßnahmen umfasst bzw ein Vorhaben auch mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen kann, wenn diese als räumlich zusammenhängende Projekte in einem engen funktionellen Zusammenhang stehen (vgl VwGH 8.9.2021, Ra 2018/04/0191, 0192, Rn 10, mwN). Der Umfang des Vorhabens wird grundsätzlich durch den Antragsteller im Antrag definiert (vgl VwGH 30.6.2016, Ra 2016/07/0034, Rn 22).

Die UVP-Feststellung spricht über die Zuständigkeit zur Genehmigung ab (vgl diesbezüglich etwa VwGH 17.3.2006, 2006/05/0020). Die Frage, ob ein Projekt genehmigungsfähig ist,  und was von der Konzentrationswirkung des § 17 Abs 1 UVP-G 2000 erfasst wird, ist nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000.

Ein Bescheid nach § 34 Abs 1 WRG 1959 betreffend ein Wasserschutzgebiet ist als eine verwaltungspolizeiliche Maßnahme zu qualifizieren, die nicht über die individuelle Zulässigkeit des konkreten Projektes abspricht (vgl VwGH 22.9.1992, 92/07/0116, Pkt II.2.2.). Bescheide nach § 34 Abs 1 WRG 1959 sind nicht Bestandteil der für die Wasserversorgungsanlage zu erteilenden Bewilligung (vgl VwGH 28.4.2005, 2004/07/0197). Schutzgebietsbestimmung und wasserrechtliche Bewilligung sind zwei voneinander unabhängige Bescheide (vgl VwGH 28.6.2001, 2000/07/0248). Anordnung oder Abänderung eines solchen Schutzgebietes ist nicht Teil eines Vorhabens iS des § 2 Abs 2 UVP-G; selbst wenn eine Lockerung der Schutzgebietsfestlegung den Interessen des Projektwerbers im Ergebnis zugutekommen mag.

Entscheidendes Kriterium für die Sperrwirkung des § 3 Abs 6 UVP-G 2000 ist, ob die Zulassung eines konkreten Vorhabens an einem bestimmten Standort den Gegenstand der Genehmigung darstellt. Standortbezogene Erlaubnisse ohne Zulassung eines konkreten Vorhabens sind nicht umfasst, weil sie keine Genehmigungskriterien enthalten und damit keine Berechtigung zur Durchführung eines konkreten Projektes erworben wird (vgl zur Verleihung einer Bergwerksberechtigung gemäß § 34 MinroG VwGH 24.2.2006, 2005/04/0044; Pkt II.2.1.; weiters VwGH 18.12.2014, Ro 2014/07/0033, Pkt II.9.1.; vgl dazu auch die Erläuterungen zu BGBl I Nr 89/2000 in IA 168/A 21 GP 11, wonach Konzessionen nicht mehr erwähnt werden sollen, weil "dadurch die Ausführung eines Vorhabens noch nicht zulässig wird"). Die von der Projektwerberin angestrebte Änderung der Anordnung nach § 34 Abs 1 letzter SatZ WRG 1959 war daher nicht im Rahmen eines UVP-Feststellungsverfahrens zu prüfen, vgl auch VwGH 3.10.2013, 2012/09/0075, wo der VwGH unter Bezugnahme auf den Vorhabensbegriff des § 2 Abs 2 UVP-G 2000 festgehalten hat, dass im Rahmen einer UVP zwar Auswirkungen auf Denkmale zu prüfen sind, nicht aber der Denkmalschutz eines Kulturgutes und dessen beantragte Veränderung an sich). 

VwGH23. 6. 2022, Ra 2021/04/0071


Zustellung eines Bescheids nach dem Tir NatSchG 2005 durch Bereitstellung auf einer Plattform nach § 107 Abs 3 WRG 1959 unzulässig; Heilung nach § 7 ZustG und damit wirksamen Zustellung durch tatsächlichen Zugriff auf den Bescheid;
Parteistellung der betroffenen Öffentlichkeit - eingeschränkte Parteistellung von Umweltorganisationen;
Bekämpfung der Behördenzuständigkeit infolge behaupteter UVP-Pflicht im Beschwerdeverfahren

§ 2 Abs 3, § 3 Abs 9, § 19 Abs 7, Anh 1 UVP-G 2000;
Art 1 Abs 2 UVP-RL;
§ 7 ZustG;
§ 8 AVG

Wird zwar ein Umweltverband nicht ausdrücklich in der Zustellverfügung genannt, jedoch die Übermittlung an die "Plattform gemäß § 107 Abs 3 WRG 1959" verfügt,  so ist dies als Zustellung an sämtliche zur Beschwerde nach § 102 Abs 5 WRG 1959 berechtigte Umweltorganisationen zu verstehen, also alle nach § 19 Abs 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen, deren örtliche Anerkennung das betreffende Vorhaben umfasst.

Damit wird die Zustellung (auch) an den Umweltverband im Wege der Bereitstellung auf der Plattform nach § 107 Abs 3 WRG 1959 verfügt, wenn auch im Umfang der naturschutzrechtlichen Bewilligung ohne gesetzliche Grundlage, weil die Zustellung eines Bescheides nach dem Tir NatSchG 2005 ist durch Bereitstellung auf einer Plattform nach § 107 Abs 3 WRG 1959 nicht zulässig ist. Der Heilung der insoweit mangelhaften Zustellung steht nicht im Wege, dass der Umweltverband nicht namentlich in der Zustellverfügung genannt wurde. Entscheidend ist, ob (und wann) die Erledigung dem Umweltverband tatsächlich zugekommen ist. Die Annahme einer Heilung nach § 7 ZustG und damit einer dennoch wirksamen Zustellung ist damit begründet, dass der Umweltverband rechtzeitig tatsächlich auf den Bescheid, der auch nach der Zustellverfügung der Behörde für ihn bestimmt war, zugegriffen hat. Versäumt er die Beschwerdefrist (auch) für den naturschutzrechtlichen Bescheid nicht etwa deshalb, weil er mit der Zustellung auf einem bestimmten Weg nicht gerechnet hätte, sondern allein aufgrund eines Irrtums bei der Fristberechnung, so ändert dies nichts an der Heilung des Zustellmangel.

Um den Anforderungen des EuGH in Auslegung der UVP-Richtlinie, dass nämlich die betroffene Öffentlichkeit eine auf der Grundlage einer nationalen Regelung getroffene Verwaltungsentscheidung, keine UVP durchzuführen, im Rahmen eines gegen diese Entscheidung oder gegen einen späteren Genehmigungsbescheid eingelegten Rechtsbehelfes anfechten können muss, Genüge zu tun - ist der betroffenen Öffentlichkeit Parteistellung im jeweiligen Genehmigungsverfahren einzuräumen ist, um ihr die Möglichkeit zu eröffnen vorzubringen, dass das jeweilige Projekt einer UVP zu unterziehen ist (vgl EuGH 16.4.2015, C-570/13, Karoline Gruber; VwGH 1.10.2018, Ra 2016/04/0141). Dies gilt auch für Umweltorganisationen in Fällen, in denen kein UVP-Feststellungsverfahren durchgeführt wurde.

Den Umweltorganisationen steht zwar nach § 3 Abs 9 UVP-G 2000 die Möglichkeit der Bekämpfung eines Feststellungsbescheides beim VwG offen, nicht aber die Möglichkeit, ein Feststellungsverfahren zu beantragen. Daraus folgt, dass der Umweltorganisation, die zur "betroffenen Öffentlichkeit" im Sinne der UVP-Richtlinie zählt, die Möglichkeit offenstehen muss, in einem Genehmigungsverfahren die Frage der UVP-Pflicht des Vorhabens relevieren zu können. Insofern handelt es sich um eine auf die Geltendmachung der Zuständigkeit der jeweiligen Genehmigungsbehörde eingeschränkte Parteistellung (vgl VwGH 25.4.2019, Ra 2018/07/0410). Auch eine Beschwerde einer anerkannten Umweltorganisation, die ihre Zulässigkeit aus dieser Rsp ableitet, muss dazu das Vorliegen der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (und die daraus abgeleitete Unzuständigkeit der einschreitenden Genehmigungsbehörde) nicht bloß behaupten, sondern denkmöglich begründet darlegen. So kann etwa nicht jedes Vorhaben nach dem WRG 1959 auch denkmöglich UVP-pflichtig sein, zumal eine Reihe von wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Vorhaben beispielsweise schon ihrer Art nach nicht in Anhang 1 des UVP-G 2000 angeführt sind. Eine solche denkmöglich begründete Darlegung der UVP-Pflicht stellt das Vorbringen, auf Grund eines Zusammenhangs mit einer UVP-pflichtigen Wasserkraftanlage liege ein einheitliches Vorhaben iSd § 2 Abs 2 UVP-G 2000 und der dazu ergangenen Judikatur vor. Ohne dass es darauf ankommt, ob dieses Vorbringen zutreffend ist, haben die Umweltorganisationen damit eine im Rahmen ihrer - aus der UVP-Richtlinie und der Rechtsprechung abzuleitenden - beschränkten Parteistellung liegende und damit insofern zulässige Beschwerde erhoben.

VwGH 30. 6. 2022, Ra 2019/07/0116


Genehmigung alternativer Projekte für ein und denselben Bauplatz zulässig; Rückgriff auf eine frühere, noch gültige Baubewilligung, solange mit der Bauführung noch nicht begonnen wurde, es sei denn, dass die spätere Baubewilligung ausdrücklich in den Rechtsbestand der früheren eingreift oder deren Inhalt in rechtsförmiger Weise abändert

§ 5 UVP-G 2000;
§ 13 AVG;
§ 74 GewO 1994

Nach der Rsp des VwGH steht es einem Bauwerber offen, auch während der Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung für ein und denselben Bauplatz um mehrere Baubewilligungen unterschiedlichen Inhalts anzusuchen. Es ist dem Bauwerber auch nicht verwehrt, solange mit der Bauführung noch nicht begonnen wurde, selbst auf eine frühere, noch gültige Baubewilligung zurückzugreifen, es sei denn, dass etwa bei zwei für denselben Bauplatz erteilten Baubewilligungen die spätere ausdrücklich in den Rechtsbestand der früheren eingreift oder deren Inhalt in rechtsförmiger Weise ändert (vgl VwGH 25.3.1997, 96/05/0262, mwN).

Nach der Rsp des VwGH zum gewerblichen Betriebsanlagenrecht kann grundsätzlich vom Projektwerber während eines zu seinem ersten Antrag anhängigen Verfahrens beim VwG ein weiterer eigenständiger Antrag auf Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für ein Vorhaben an demselben Standort bei der Behörde eingebracht werde (vgl VwGH 12.9.2016, Ra 2014/04/0037).

Das BVwG kann nicht schon allein deshalb, weil die Projektwerberin bei der belangten Behörde einen weiteren Antrag auf Genehmigung nach dem UVP-G 2000 für ein Vorhaben am selben Standort gestellt hat, von einem Wegfall des "Errichtungswillens" für das im anhängigen Beschwerdeverfahren gegenständliche Vorhaben (und einer daraus folgenden konkludenten Zurückziehung des ersten Antrages auf Genehmigung nach dem UVP-G 2000) ausgehen.

VwGH 21. 7. 2022, Ro 2021/04/0025 (zur Miterledigung verbunden: Ro 2021/04/0026)


Prognoseentscheidung im UVP-Verfahren;
Schluss des Ermittlungsverfahrens

§ 17 Abs 5 und § 52 UVP-G;
§ 37 AVG

Die Gesamtbewertung nach § 17 Abs 5 UVP-G erfordert im Hinblick auf die Beurteilung, ob schwerwiegende Umweltbelastungen "zu erwarten" sind, eine Prognoseentscheidung, die auf Grund von ausreichenden Sachverhaltsermittlungen - etwa schlüssigen Sachverständigengutachten - zu treffen ist (vgl VwGH 28.5.2020, Ra 2019/07/0081 bis 0083, 0130, Rn 35, mwN).

Gemäß § 16 Abs 3 UVP G ist § 39 Abs 3 AVG betreffend den Schluss des Ermittlungsverfahrens mit der Maßgabe, dass neue Tatsachen und Beweismittel bis spätestens in der mündlichen Verhandlung vorzubringen sind und der Schluss des Ermittlungsverfahrens auch für einzelne Teilbereiche der Sache erklärt werden kann, anzuwenden, während § 39 Abs 4 erster und zweiter Satz und Abs 5 AVG in UVP-Verfahren nicht anzuwenden sind. 

Demnach kann das VwG gemäß § 39 Abs 3 erster Satz AVG iVm § 17 VwGVG und § 16 Abs 3 UVP G in UVP-Verfahren das Ermittlungsverfahren durch Verfahrensanordnung auch für einzelne Teilbereiche der Sache für geschlossen erklären, sofern jene Teilbereiche zur Entscheidung reif sind. 

Dies bewirkt, dass zu einem bereits geschlossenen Teilbereich keine Beweismittel mehr in bzw nach der Verhandlung vorgebracht werden können und setzt voraus, dass in den betroffenen Teilbereichen keine weiteren Ermittlungen mehr notwendig sind (vgl die EB zur UVP G-Nov 2018, BGBl I Nr 80: RV 275 BlgNR 26. GP 9). Diese Möglichkeit zielt darauf ab, "Verfahrensverschleppungen" zu verhindern und versetzt jene Instanz, die die Schließung des Ermittlungsverfahrens vorgenommen hat, in die Lage, auf dem Boden der bis dahin gesammelten Ermittlungsergebnisse den Bescheid bzw das Erkenntnis (den Beschluss) zu erlassen (vgl VwGH 26.5.2021, Ra 2019/04/0071, Rn 34).

VwGH 22. 8. 2022, Ra 2022/04/0075 


Kumulationsprüfung nach § 3 Abs 2 UVP-G bei Massentierhaltungen

 § 3 Abs 2 und Abs 7; Anh 1 Z 43 lit b UVP-G

Bei der nach § 3 Abs 2 UVP-G 2000 vorzunehmenden Einzelfallprüfung geht es um die Berücksichtigung kumulativer und additiver Effekte gleichartiger Vorhaben (hier: Massentierhaltung). Dass diese Vorhaben eine bestimmte Mindestgröße aufweisen müssten oder einen bestimmten Mindestbeitrag zu den zu prüfenden Umweltauswirkungen leisten müssten, um in die Einzelfallprüfung einbezogen werden zu können, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. In diese Prüfung sind vielmehr alle gleichartigen Vorhaben in jenem Bereich, in dem sich die von ihnen bewirkten maßgeblichen Umweltauswirkungen erwartungsgemäß überlagern werden, einzubeziehen, dies unabhängig von dem von ihnen jeweils verursachten Beitrag zu den betreffenden Umweltauswirkungen (vgl VwGH 17.12.2015, 2012/05/0153). Das bedeutet für den Fall der Kumulierung der Auswirkungen von Tierhaltungs- und/oder -aufzuchtbetrieben iSvon Anhang 1 Z 43 UVP-G, dass zunächst die sich für die einzelnen Tierarten jeweils ergebenden Bestände aller in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben zu ermitteln und zu addieren sind und erst im Anschluss daran (gegebenenfalls) die in 1 Z 43 Spalte 3 lit b UVP-G für gemischte Betriebe getroffene Regelung zur Anwendung gelangt.

Im Rahmen der Kumulierung der Auswirkungen § 3 Abs 2 UVP-G ist nicht zunächst für jedes in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben getrennt der Schwellenwert bzw der sich in Anwendung der für gemischte Betriebe geltenden Regelung ergebende Prozentsatz zu ermitteln und in der Folge zu addieren, weil dies zur Folge hätte, dass die von (allenfalls mehreren) Betrieben mit Beständen bis zu 5 % des Schwellenwertes verursachten Umweltauswirkungen außer Betracht blieben. Bei gemischten Beständen werden die Prozentsätze der jeweils erreichten Platzzahlen addiert, ab einer Summe von 100% ist eine Einzelfallprüfung durchzuführen; Bestände bis 5% der Platzzahlen bleiben unberücksichtigt.

Auch gleichartige Kleinbetriebe (mit Bestandszahlen bis max. 5%) IM RÄUMLICHEN Zusammenhang sind im Rahmen der Kumulation zu berücksichtigen (vgl VwGH 17.12.2015, 2012/05/0153). Zunächst sind die sich für die einzelnen Tierarten jeweils ergebenden Bestände aller in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben zu addieren und erst im Anschluss daran kommt gegebenfalls die 5%-Regel für gemischte Betriebe zur Anwendung.

 Durch die Regelung des § 3 Abs 2 UVP-G sollen die Behörden aber in die Lage versetzt werden, einer Umgehung der UVP durch Aufsplittung von Vorhaben auf mehrere Betreiber im Einzelfall entgegen zu treten, sowie unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung oder Errichtung die kumulative Wirkung gleichartiger Vorhaben zu erfassen (vgl Begründung zu IA 168/A GP XXI). Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob einzelne Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ist nach der hg Rsp, ob es durch die verschiedenen Eingriffe gleichartiger Vorhaben zu einer Überlagerung der Wirkungsebenen dieser Eingriffe im Sinn kumulativer und additiver Effekte kommen kann (vgl VwGH 17.12.2015, 2012/05/0153, mwN).

VwGH 20. 10. 2022, Ro 2019/06/0021


Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
einer Revision gegen die UVP-Genehmigung

§ 17 UVP-G;
§ 30 Abs 2 VwGH

Mit der pauschalen Behauptung, durch die Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens würde ein nicht wiedergutzumachender Nachteil bzw ein unwiederbringlicher Schaden für Naturhaushalt und Umwelt entstehen, wurde nicht konkretisiert, dass und gegebenenfalls welche unverhältnismäßigen Nachteile das geplante Vorhaben mit sich bringen würde. Insbesondere hinsichtlich der ins Treffen geführten Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, der behaupteten Reduktion des Erholungswertes und damit einhergehender Gesundheitsgefährdungen haben die revisionswerbenden Parteien nicht näher ausgeführt, inwiefern eine wesentliche Beeinträchtigung der von ihnen wahrzunehmenden Interessen infolge Realisierung des bewilligten Projektes - bereits während der Dauer des Verfahrens vor dem VwGH - konkret zu befürchten wäre und die Folgen eines solchen Eingriffes im Fall der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses nicht wieder beseitigt werden könnten. Die revisionswerbenden Parteien haben mit ihrem Vorbringen daher nicht konkret aufgezeigt, dass ihren Interessen bei (sofortiger) Ausübung der mit dem angefochtenen Erkenntnis eingeräumten Berechtigung durch die Projektwerber Nachteile in einem die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit im Sinn des § 30 Abs 2 VwGG übersteigenden Ausmaß drohten.

Die bloße Ausübung der mit einer Bewilligung eingeräumten Berechtigung während des anhängigen Revisionsverfahrens kann nach der ständigen hg Rsp für sich allein nicht als unverhältnismäßiger Nachteil angesehen werden. Im Fall des Obsiegens der revisionswerbenden Partei hat allein der Projektwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit des ausgeführten Vorhabens und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen (vgl VwGH 22.10.2019, Ra 2019/06/0148-0150, Rn 13, mwN).

VwGH 09. 11. 2022, Ra 2022/04/0132


Änderungen vor Zuständigkeitsübergang - Entfall von Auflagen;
Umfang der Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden

§ 17 Abs 2 bis 5, § 18b UVP-G

Das nach § 18b UVP-G , wenn uAdie Änderungen "nach den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung" dem § 17 Abs 2 bis 5 nicht widersprechen bedeutet nicht, dass - fallbezogen - eine ursprünglich erteilte Auflage nicht geändert werden dürfte. Den Materialien zur UVP-Nov 2004 (645 BlgNR 22. GP,  648) zufolge werden im Rahmen eines Verfahrens nach § 18b leg cit Änderungen von oder die Vorschreibung neuer Auflagen, Bedingungen, Befristungen oder sonstiger Nebenbestimmungen ausdrücklich als zulässig angeführt. Die Bezugnahme auf die "Ergebnisse der UVP‘‘ ist vor diesem Hintergrund als ein Hinweis auf § 17 Abs 4 UVP-G zu verstehen, wonach bei der Beurteilung der Änderungen in Hinblick auf die Genehmigungskriterien sowohl die UVE als auch das Umweltverträglichkeitsgutachten oder die zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen - sofern diese Dokumente zu ergänzen oder zu überarbeiten waren - und die Stellungnahmen der von der Änderung betroffenen Öffentlichkeit sowie das Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung zu berücksichtigen sind.

Nach § 18b letzter Satz UVP-G sind das Ermittlungsverfahren sowie die UVP-Gutachten - sofern dies im Hinblick auf ihren Zweck notwendig ist - zu ergänzen und die. Die Ergebnisse der überarbeiteten UVPG anhand der Genehmigungskriterien des § 17 Abs 2 bis 5 UVP 2000 zu beurteilen und dürfen diesen nicht widersprechen; sie müssen weiterhin (so die Materialien zur UVP-NovBGBl I Nr 153/2004, 645 BlgNR 22. GP, 648) insoweit zutreffen, als durch das Vorhaben und seine Auswirkungen keine schwerwiegenden Umweltbelastungen im Sinn des § 17 Abs 5 leg cit zu erwarten sind.

Wenn im Verfahren zu Erlassung eine negative UVP-Feststellungsbescheides, die Revisionswerber nach § 3 Abs 7 und 7a UVPG 2000 in der damals maßgeblichen Fassung des BGBl I Nr 77/2012 weder ein Antragsrecht noch Parteistellung noch ein Beschwerderecht hatten (vgl VwGH 29.11.2016, Ro 2016/06/0013, mwN, zur insoweit vergleichbaren Rechtslage des § 3 Abs. 7 und 7a UVPG idF BGBl I Nr 95/2013), so hat diesen UVP-Feststellungsbescheid den Revisionswerbern im nachfolgenden Baubewilligungsverfahren keine Bindungswirkung (vgl VwGH 4.8.2015, Ra 2014/06/0044, mwN). In einem solchen Fall steht den Nachbarn die Möglichkeit offen, im Rahmen ihrer Parteistellung in einem materienrechtlichen Verfahren - wie im vorliegenden Fall im baurechtlichen Verfahren - den Einwand der sich aus einer UVP-Pflicht ergebenden Unzuständigkeit der Behörde zuerheben und somit im Genehmigungsverfahren die Frage des Bestehens einer Pflicht zur Durchführung einer UVP einer Prüfung zu unterziehen (vgl VwGH 9.9.2015, Ro 2015/04/0009, mwN). Außerhalb der Einhaltung der gesetzlich normierten Zuständigkeiten besteht kein subjektives Recht des Nachbarn auf Durchführung einer Einzelfallprüfung nach § 3 UVP G im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens.

VwGH 16. 11. 2022, Ro 2022/06/0018 


Rückziehung eines Feststellungsantrages im Beschwerdeverfahren;
Verpflichtung zum Ersatz von Sachverständigengebühren;
zum Kostenersatz verpflichteter Rechtsträger im Revisionsverfahren

§ 3 Abs 7 UVP-G;
§§ 52 und 76 AVG;
§ 21, § 34 Abs 1 und  § 36 VwGG

Wird ein Antrag auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 3 Abs 7 UVP-G vor der Vorlage eines Sachverständigengutachtens zurückgezogen, so hat dasab dem Zeitpunkt der Zurückziehung des Antrages seine Zuständigkeit zur inhaltlichen Entscheidung über die Beschwerden verloren, und hat den bei ihm bekämpften Bescheid mit Erkenntnis (infolge Zurückziehung des Feststellungsantrages) ersatzloszu beheben. Ab dem Zeitpunkt der Zurückziehung des Feststellungsantrages sind die einem Sachverständigen vom BVwG aufgetragenen Fragestellungen für den Verfahrensausgang nicht mehr entscheidungserheblich und damit auch nicht mehr notwendig im Sinne des § 52 Abs 1 AVG. Nur wenn zum Zeitpunkt der Zurückziehung des Feststellungsantrages (unter Berücksichtigung einer nach Lage des Falles angemessenen Frist zur Reaktion auf dieses Anbringen) bereits Kosten entstanden sind, weil der bestellte Sachverständige im Sinne der Erstellung seines Gutachtens tätig geworden ist, können diese Kosten noch dem seinerzeitigen Antrag zugerechnet und dem Antragsteller grundsätzlich zum Ersatz vorgeschrieben werden (vgl zum Ersatz der Barauslagen für ein Sachverständigengutachten im Falle der Zurückziehung eines Beweisantrages bereits VwGH 24.2.1998, 97/11/0301).

Ein Bescheid (bzw ein Beschluss), mit dem Kosten eines Sachverständigen festgesetzt werden, betrifft zwar allein das Verhältnis zwischen Behörde (bzw VwG) und Sachverständigen und es kommt der Partei, die im Allgemeinen gemäß § 76 Abs 1 AVG für Barauslagen aufzukommen hat, in dem Verfahren betreffend die Festsetzung der Kosten eines Sachverständigen keine Parteistellung zu. Sie kann ihre Rechte jedoch umfassend in dem Verfahren betreffend die Vorschreibung von Barauslagen gemäß § 76 AVG geltend machen (vgl VwGH 28.1.2016, 2013/07/0134). Dieser Grundsatz gilt - unabhängig von einem an den Projektwerber/die Projektwerberin gerichteten Auftrag zur direkten Bezahlung an den Sachverständigen - auch in einem Verfahren nach § 3b Abs. 2 UVP-G.

Die Überwälzung von Gebühren eines nichtamtlichen Sachverständigen auf den Projektwerber/die Projektwerberin ist gemäß § 3b Abs 2 UVP-G idF BGBl I Nr 4/2016 nur dann zulässig, wenn der Beweis durch Sachverständige iSd § 52 Abs 1 AVG notwendig war. Ist dies nicht der Fall, kann iSd § 76 Abs 1 AVG nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Behörde bzw dem VwG Barauslagen - worunter auch die Gebühren eines nichtamtlichen Sachverständigen fallen - "erwachsen" sind, für die der Projektwerber/die Projektwerberin aufzukommen hat (vgl VwGH 30.4.2020, Ra 2019/12/0082; VwGH 17.3.2005, 2004/11/0140; VwGH 27.6.2002, 2002/07//0055).

Daraus, dass keine Einwendungen gegen die Bestellung erhoben wurden, kann nicht abgeleitet werden, es sei ein Einverständnis mit deren Bestellung vorgelegen und sei diese für "notwendig erachtet" worden:

Die Vollziehung des UVP-G im Rahmen des 2. Abschnitts (Feststellung nach § 3 Abs 7 UVP-G) ist Landessache (Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG). Im Revisionsverfahren kostenersatzpflichtiger Rechtsträger iSd § 47 Abs 5 VwGG ist daher das Land Wien. Eine Kostenersatzpflicht eines anderen Rechtsträgers ist nicht vorgesehen (vgl zB VwGH 28.3.2018, Ra 2017/07/0096, 0097, mwN).

VwGH 17. 11. 2022, Ro 2019/05/0024

Rechtsprechung des VwGH zur UVP 2023

Vorliegen eines Städtebauvorhabens Frage des Einzelfalles; Voraussetzungen für die Aussetzung eines Planes wegen unterbliebener SUP Anh 1 Z ...