Freitag, 8. Januar 2010

VwGH zum Einzelfallprüfungsverfahren

Der VwGH hat sich in einem Erkenntnis vom 23. 9. 2009, 2007/03/0170, mit Aufgabe und Prüfungsumfang des Einzelfallprüfungsverfahrens bei Anlagenänderungen auseinandergesetzt.
"Gegenstand eines Feststellungs-/Einzelfallprüfungs-verfahrens nach [§ 3a iVm] § 3 Abs 7 UVP-G 2000 ist die Feststellung der Umweltverträglichkeitspflicht eines Vorhabens nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen. Aufgabe des Ermittlungsverfahrens ist dabei ausschließlich die Beantwortung der Frage der UVP-Pflicht des Vorhabens, aber nicht seine Genehmigungsfähigkeit oder die Erforderlichkeit von Auflagen und Projektmodifikationen. Die Behörde hat im Fall einer Einzelfallprüfung daher nur zu klären, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Wie derartige Auswirkungen zu beurteilen sind und ihnen entgegenzutreten ist, ist dem späteren Bewilligungsverfahren vorbehalten."

Schon in der Bauphase auftretende Auswirkungen können eine UVP-Pflicht begründen:
"Für die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Vorhaben einen Tatbestand des Anhangs des UVP-G 2000 erfüllt, ist (ausgehend vom Wortlaut des Anhangs 1 zum UVP-G 2000) das auf dem Boden der Projektunterlagen des Projektwerbers zu prüfende Vorhaben - unter Berücksichtigung des Vorhabensbegriffs nach § 2 Abs 2 UVP-G 2000 - in all seinen Phasen, also nicht nur in der Betriebs-, sondern auch der Errichtungsphase, zu berücksichtigen. Hat ein Vorhaben also (möglicherweise) wesentliche Auswirkungen auf die in § 1 Abs 1 UVP-G 2000 bezeichneten Schutzgüter zwar nicht in der Betriebs-, aber in der Bauphase, darf auf Grund der Notwendigkeit einer umfassenden Überprüfung der Vorhabensauswirkungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht unterbleiben."

Anmerkung
Zum Prüfungsumfang im Einzelfallprüfungsverfahren hat der VwGH ausgeführt, dass die Behörde im Verfahren nach § 3a UVP-G nur zu klären hat, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, nicht aber bereits zu beurteilen hat, wie derartige Auswirkungen zu beurteilen sind und ihnen entgegenzutreten ist.

Während diese Beurteilung tatsächlich dem späteren Bewilligungsverfahren vorbehalten ist, ist allerdings klarzustellen, dass die Einzelfallprüfung keinesfalls abstrakt zu erfolgen hat, sondern eine konkrete Gefährdungsprognose im Hinblick auf das zur Beurteilung anstehende Projekt und die Schutzgut- oder Schutzzweckbeeinträchtigungen, mit denen durch dieses zu rechnen ist, vorzunehmen ist und eine Einzelfallprüfung nur dann zum Ergebnis einer UVP-Pflicht führen kann, wenn mit einer Erheblichkeit (Wesentlichkeit) der Auswirkungen zu rechnen ist (vgl Bergthaler, Beweisprobleme im UVP-Verfahren, in: Ennöckl/N. Raschauer, UVP-Verfahren vor dem Umweltsenat 317; Altenburger/Berger, UVP-G, 2. Auflage [2010 – im Druck] Rz 48).

Die für die Genehmigung von Vorhaben entwickelten Irrelevanzgrenzen (Schwellenwertkonzept) sind nach der Rsp des Umweltsenats auch bei der Einzelfallprüfung heranzuziehen (vgl US 13. 2. 2007, 5B/2005/14-53 „Nußdorf-Debant“ und 16.8.2007, 5B/2006/24-21 „Aderklaaerstraße“ zu Punktquellen bzw Einkaufszentren sowie in Bezug auf Straßenprojekte US 6.4.2009, 2A/2008/19-21 „B 1 Asten“).
Enthält das zu beurteilende Projekt selbst bereits ausreichende Vorkehrungen, die sicherstellen, dass mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt nicht zu rechnen ist, so ist festzustellen, dass das Vorhaben nicht UVP-pflichtig ist.

Die Einzelfallprüfung ist somit im Rahmen der konkret anzustellenden Auswirkungsprognose auch für eine Beweisführung dahin offen, dass ein prima facie umwelterhebliches Vorhaben durch projektintegrale Minderungsmaßnahmen soweit optimiert ist, dass keine erhebliche Beeinträchtigung der Umwelt zu erwarten ist. Soweit die Grobprüfung des Vorhabens nach Auffassung der Behörde(nsachverständigen) zunächst erhebliche Auswirkungen nahe legt, obliegt es dem Projektwerber im Rahmen des Parteiengehörs, die einen Bestandteil seines Projektes darstellenden Minderungsmaßnahmen darzulegen (zur „Beweislast“ im Einzelfallprüfungsverfahren vgl Bergthaler aaO 319 ff unter Hinweis auf US 12. 3. 2003, 6A/2002/9-19 „Wr. Neustadt Ost IV“; Altenburger/Berger, UVP-G [2010 – im Druck] Rz 48).

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