Freitag, 8. Januar 2010

VwGH zum Verhältnis UVP - NVP; Sperrwirkung

Die Naturverträglichkeitsprüfung nach NSchG muss nicht vor der UVP stattfinden.
"Wenn die Beschwerdeführerin [...] meint, dass eine Naturverträglichkeitsprüfung nur vor dem Projektgenehmigungsverfahren stattfinden könne, genügt es ihr entgegenzuhalten, dass dies weder aus dem Art 6 FFH-RL noch aus den nationalen Regelungen (BStG, UVP-G und [§§ 9, 10] NÖ NSchG) abgeleitet werden kann. Aus dem anzuwendenden § 24 Abs 9 UVP-G ergab sich vielmehr, dass vor Abschluss der UVP oder der Einzelfallprüfung ua für Vorhaben, die einer Prüfung gemäß § 23a UVP-G (wie vorliegend der Ausbau einer Schnellstraße) unterliegen, die Trassenverordnung [Rechtslage vor Novelle 2005] nicht erlassen und sonstige Genehmigungen nicht erteilt werden dürfen."
[Sperrwirkung gemäß § 3 Abs 6 (2. Abschnitt) und § 24 Abs 9 aF (3. Abschnitt)]

Das Prüfungsprogramm der UVP gemäß der UVP-RL und der NVP gemäß der FFH-RL ist unterschiedlich.
"Die UVP ist einerseits weiter, weil sämtliche Umweltgüter, einschließlich ihrer Wechselwirkungen, in die Betrachtung einzubeziehen sind, während sich die Naturverträglichkeitsprüfung darauf konzentriert, ob das Schutzgebiet die ihm zugedachte Aufgabe innerhalb des Netzwerkes 'Natura 2000' im Falle der Verwirklichung des Projektes noch erfüllen können wird. Andererseits ist die UVP enger, weil sie nur den aktuell vorhandenen Zustand der Umweltgüter betrachtet, während die Naturverträglichkeitsprüfung auch den Beeinträchtigungen des Entwicklungspotenziales eines Schutzgebietes nachzugehen hat (vgl. Gellermann, Natura 20002, S 83)."

Bei der UVP ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein Natura 2000-Gebiet handelt.
"Trotz der aufgezeigten unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe teilt der VwGH die Ansicht der belangten Behörde, im Rahmen einer UVP eines Projektes darauf Rücksicht nehmen zu dürfen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1984, VfSlg. Nr. 10.292), dass es in einem Natura 2000-Gebiet geplant ist.
Die Erheblichkeit der zu beurteilenden Auswirkungen auf die Umwelt wird in einem Natura 2000-Gebiet im Hinblick auf die besonderen Schutzobjekte nur unter Berücksichtigung dieses Umstandes und den sich daraus ergebenden besonderen Erhaltungszielen für das Gebiet zutreffend beurteilt werden können. Für diese Auslegung spricht auch, dass - wie dargelegt - gemäß § 24c Abs 5 Z 1 UVP-G 2000 die UVP in einer umfassenden und integrativen Gesamtschau zu erfolgen hat.
Unabhängig davon hatte die Naturschutzbehörde die Naturverträglichkeit des verfahrensgegenständlichen Straßenprojektes gemäß § 10 NÖ NSchG zu prüfen und darüber zu entscheiden."
[keine umfassende Konzentration der Genehmigungsverfahren im 3. Abschnitt; weder nach alter Rechtslage noch seit der Novelle 2005]

VwGH 23. 6. 2009, 2007/06/0257

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